Kultur im Wandel: Nikolo in Tannheim
Am 5. Dezember, wie jedes Jahr, findet das kleine und so gemütliche Nikolausfest in Tannheim in Tirol statt. Ich finde man erlebt auf dieser Veranstaltung, weit entfernt von den großstädtischen Christkindl- und Weihnachtsmärkten, ein Kleinod mit dem Sinn für den ursprünglichen Brauch und die Kultur. Die zweitgrößte Pfarrkirche Tirols steht hier in Tannheim und trägt den Namen des Patrons dieses Tages, der Heilige Nikolaus. Die Kinder freuen sich auf den noch stattfindenden Hausbesuch von ihm, in dem sie Lob und Tadel und auch „Gudsala“ (Süßigkeiten) von ihm entgegen nehmen.!
Am neu-entstandenen Dorfplatz am Felixé Minas Haus (Museum) sehe ich schon ein halbes Dutzend Holzstände vor mir, die liebevoll mit „Dos“ (Fichtenzweigen) und weißen Lichterketten dekoriert sind. Sie werden von den heimischen Vereinen betreut. Wie im vergangenen Jahr drängeln sich bestimmt die Leute an 15 Steh-Tischen, unter glitzernden Laternen und wärmespendenden Heizstrahlern. Ich rieche schon den Duft des Glühweins, der heißen Maroni und freue mich darauf durch Handgemachtes zu stöbern. Die Nacht wird wahrscheinlich kalt sein und die Kleinen warten gespannt auf den Nikolaus mit seinen Engeln, die mit der Kutsche vor die Kirche geführt werden. So etwas Einmaliges – die leuchtenden Augen der Kinder aus ihren kleinen Schneeanzügen! Wenn wir Glück haben, schneit es und es entstehen spontane Schneeballschlachten und Schneeburgen auf der Wiese neben dem 300 Jahre alten Haus!
Aber horch! Es werden an diesem Abend auch die Bösen der Nacht erscheinen, nämlich die Krampusse. Sie kommen zu Fuß, oder auf einem brennenden Wagen: laut, übel, stinkend, rauchend, peitschend, grölend, fesselnd, mit Ketten und Ruten. Sie überfallen die Besucher, umzingeln sie im wilden Tanz und schmieren ihnen Kohle ins Gesicht. Den Kindern haben sie schon längst Angst eingejagt, sie rennen schreiend davon. So wird es für eine gute Weile zugehen, es wird das Highlight dieses Abends sein. Dann ziehen sie, wie auch der Nikolaus, weiter. Alles beruhigt sich und man geht zum gemütlichen Teil über, bei einem Haferl Glühwein und heißen Kastanien oder Ziahkiachle. So, nun ist mir wieder warm ums Herz und für mich kann der Advent erst jetzt so richtig beginnen.
Krampusumzüge bei uns – einige Gedanken
Ist Euch auch aufgefallen, dass der Nikolaus- und Krampusbrauchtum in den letzten zehn Jahren einen richtigen Aufschwung erhalten hat? Es ist nun eine Kehrtwende eingetreten, in dem der Krampus die Hauptrolle an diesem Festtag (und schon eine Woche zuvor!) übernimmt. Nicht ohne Kritik mancher Gruppen muss man dazu sagen, z.B. die römisch-katholische Kirche. Einige neue Krampusgruppen & -vereine sind in letzter Zeit entstanden, die sich leider nicht immer mit dem Wurzeln des Krampusbrauches beschäftigen. Es gibt unter anderem Tuiflläufe & – treiben, Krampusumzüge, – treffen, -mania, Feuershows- & Höllennacht, Hexentänze, und sogar ein Mega-Krampus Spektakel in Reutte in Tirol!
Nikolaus und Krampus treten immer gemeinsam und grundsätzlich nur am 5. und 6. Dezember auf. Durch den gemeinsamen Auftritt wird klargestellt, dass das Gute über das Böse immer gewinnt und der Krampus dem Nikolaus zu gehorchen hat. Früher sind Nikolaus und Krampus nur von Haus zu Haus bzw. von Hof zu Hof gezogen und haben die Kinder beschenkt oder bestraft.
Noch was Interessantes zur Kultur: der Krampus ist kein Schiachpercht
Wusstest Ihr, dass der Krampus und die Perchten Gestalten eines überlieferten Brauchtums aus heidnischer Zeit sind? Die Hochburg dieses Brauches liegt vor allem im österreichischen Ostalpenraum. Bereits schon vor dem Mittelalter hüllte man sich in Masken, im Glauben die bösen Geister des Winters vertreiben zu können. Im 15. Jahrhundert wollte man jedoch durch die Christianisierung heidnischer Bräuche dem zu „wild gewordenen“ Perchtentreiben ein Ende setzen. Ab dem 17. Jahrhundert wurde dem Nikolaus eine Percht als strafendes Element zur Seite gestellt und so entstand mit etwas Umwandlung die Figur des Krampus.
Von der Bevölkerung werden Krampus und Schiachpercht immer wieder verwechselt, da sie sich vom Aussehen nicht unbedingt unterscheiden. Jedoch haben sie eine ganz andere Aufgabe und Deutung. Schiachperchten treten immer in Zusammenhang mit einer Schönpercht auf, denn der Schiachpercht vertreibt mit seinem Aussehen und den lauten Glocken oder Schellen alles Böse und es tritt die Schönpercht in den Vordergrund, die wieder die Sonne und das Licht ins Land bringt und die Weisen und Äcker wieder erwecken. Der Krampus hingegen verteilt Rutenschläge und bestraft. Schiachperchten verteilen mit den Birkenruten nur Rutenstreiche und vermitteln damit Fruchtbarkeit. Die Perchten haben daher in der Zeit von der Wintersonnenwende, 21. Dezember bis 6. Jänner ihre Auftritte, also in der Zeit wo die Sonne wieder zunimmt.
This is a splendid BLOG, Silvia! Your writing and the photos have really brought alive the cherished traditions and cultural heritage of this most beautiful Advent season in Tannheim.