Im Tiefschnee fahren? Nie und nimmer!!
Tiefschneefahren? Nie und nimmer, das traue ich mir nicht zu und zudem ist für mich abseits der Piste fahren tabu. Zusehr weiß ich um die Störanfälligkeit sensibler Bereiche für Wildtiere im Skigebiet. Andererseits interessiert mich, wie unsere Berg- und Skischulen solche Kurse in Absprache mit den Naturschutzverbänden anbieten. Und so nehme ich doch an einem solchen Kurs teil, der für unsere Gäste auch mal zum Skiurlaub dazu gehört. Zunächst erfolgt die Einführung in Lawinenkunde, in die Interpretation vom Schneebericht, von Schneehöhen und in die Einteilung der Allgäuer Alpen und des Skigebietes in Wildschutzzonen, die auch mit Betretungsverbot belegt sind. So z.B. der Scheidtobel im Oberstdorfer Fellhorn-Skigebiet. Dieser sensible Bereich ist besonders geschützt. In anderen Regionen der Allgäuer Alpen, beispielsweise im Naturpark Nagelfuhkette setzt man auf Einsicht der Wintersportler abseits der Pisten und ausgewiesenen Routen. Das Alpenverein-Projekt „Skibergsteigen umweltfreundlich“ beinhaltet eine Karte, in der Wildschutzgebiete eingezeichnet sind.
Unser Tiefschnee-Kurs mit der OASE Alpincenter mit Thomas Dempfle findet im Skigebiet am Fellhorn statt. Wir fahren mit der Sesselbahn über den Scheidtobel. Schon vor der Auffahrt weist uns Thomas auf das Schutzgebiet hin, oben angekommen erklärt er uns die Details. 1995 war der Bau der Sesselbahn sehr umstritten. Doch hat es sich gezeigt, dass die hier getroffenen Maßnahmen die richtigen waren: Der Tobel wird videoüberwacht, Absperrbänder sichern das Gebiet und große Hinweistafeln informieren. In der Gipfelseilbahn erinnert zudem eine Durchsage an das Wildschutzgebiet und plädiert an die Wintersportler, sich nicht abseits der Pisten aufzuhalten. Beamte der Alpinpolizei sind im Skigebiet unterwegs und kontrollieren regelmäßig: Wer den Scheidtobel befährt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 500 € rechnen und der Skipass wird auch eingezogen.
Henning Werth vom Landesbund für Vogelschutz und Gebietsbetreuer des Naturschutzgebietes Allgäuer Alpen, erzählt, dass vor 15 Jahren nur noch sieben Birkhühner und Hähne gezählt wurden, heute seien es 21. Erstaunt und auch betroffen höre ich, dass bis in die 70er Jahre die Raufußhühner (z.B. die Birkhühner) überall in Deutschland verbreitet waren. Aber nicht nur die Raufußhühner, sondern auch das Rotwild und der Steinadler…
So informiert, will ich gar nicht abseits der Pist fahren. Zumal uns Henning Werth erzählt, dass Skisportler auf den Pisten im Skigebiet die Tiere gar nicht stören. Sie ruhen am Tag und gehen erst in der Dämmerung, wenn die Menschen den Berg verlassen haben, auf Nahrungssuche. Doch Thomas versichert uns, dass wir nur oberhalb der Vegetationsgrenze fahren, damit oberhalb des Lebensraumes der Wildtiere. Damit lasse ich mich drauf ein.
Und muss feststellen, dass es anstregend und herausfordernd ist. Jeder der Teilnehmer buddelt sich irgendwann einmal aus dem Schnee heraus. Von Thomas erhalten wir noch viele praktische Tipps rund ums Skifahren, das gilt natürlich auch für das Fahren auf Pisten. Was mich persönlich am meisten beeindruckt hat, ist dass Wissen um die Verantwortung für unsere Natur. Wir alle sind uns einig dass wir ohne einen solchen Kurs nicht so viel an Bewusstsein und auch Verantwortung für unser Handeln erfahren hätten. Insofern lohnt sich auch ein Kurs für all diejenigen, die dank ihrer guten Technik ohnehin sicher durch den Tiefschnee kommen. Dieser Tag war für uns alle ein im wahrsten Sinne nachhaltig: Wir haben viel über die Wildtiere und deren besonderen Schutzbedürftigkeit im Winter gelernt, dazu noch Tipps fürs Skifahren und der Muskelkater hat uns auch noch am Montag an die köperliche Herausforderung erinnert.
Eine Herausforderung war zweifellos der Wind, welcher uns auf einmal von der Seite erfasste. Hier mussten wir zum einen gegensteuern, zum anderen hat er uns auch im wahrsten Sinne des Wortes geschoben und wir mussten bei der Querung des Hangs oberhalb vom Skigebiet nicht laufen. Was man auch schnell lernt: Es ist wesentlich einfacher in eigenen Spuren den Berg hinab zu fahren. Nutzt man vorhandene, wird man zu schnell und dann noch die Kurve zu bekommen, ist ein Risiko – zumindest für uns Anfanger. Jetzt weiß ich auch warum meine Kinder sagen, ich fahre wie ein Marienkäfer: Ich versuche irgendwie mit den Stöcken zu bremsen, was natürlich völlig blödsinnig ist, aber meiner Angst geschuldet ist. Bremsen kann man mit den Stöcken hier nicht mehr. Für mich ist Tiefschneefahren eine richtige Herausforderung, da ich mich wirklich überwinden muss. Andererseits macht es schon Spaß. Für mich steht fest: Tiefschnee ja, aber auf den Pisten im Skigebiet. Der Schnee dazu kommt schon noch und wenn es erst im kommenden Winter ist.