Feierabend in der Steilwand
Den ganzen Tag schon im Büro, eine E-Mail nach der anderen beantwortet, ein Meeting nach dem anderen hinter sich und hin und wieder ein sehnsuchtsvoller Blick auf die Uhr. Draußen wunderschöner Sonnenschein und richtig angenehme Temperaturen. Die Gipfel der Allgäuer Alpen vor Augen. Der perfekte Tag für eine Tour – aber erst nach Feierabend.
Kurz nach 17 Uhr ging es los. Bergausrüstung, Proviant und Wechselkleidung hatte ich schon in der Früh gepackt. Der Wetterbericht meldete bestes Bergwetter. Und jetzt, da es am Abend immer noch richtig lang hell ist, hat es mich einfach in die Berge gezogen. Eine lange Tagestour schied aber von vornherein aus – einfach zu wenig Zeit dafür, denn nach Einbruch der Dämmerung wollte ich bereits wieder zurück sein. Nichtsdestotrotz sollte die Tour aber einen sportlichen Charakter beinhalten. Und da gibt es nichts besseres wie einen westseitig exponierten Klettersteig mit garantierter Abendsonne. Meine Wahl viel auf den Salewa-Klettersteig am Iseler bei Oberjoch. Von Kempten aus über die Autobahn A7 und die Bundesstraße B310 ging es in 35 Minuten an den Wanderparkplatz. Alles im kleinen Rucksack verstaut mache ich mich um kurz vor 18 Uhr auf den Weg zum Einstieg. Zunächst ging es von der Talstation (1120m) auf einem beschildertem Wanderweg in schnellem Tempo bis zur Bergstation auf 1560m.
Von der Bergstation waren es dann nochmal ca. 15 Minuten auf dem Normalweg in Richtung Iselergipfel und weitere 5 Minuten zum Einstieg des Klettersteigs. Hier erstmal verschnaufen, eine Kleinigkeit trinken und das Gurtzeug anlegen. Los geht´s!
Die ersten Meter des Klettersteigs sind zum Warm werden sehr leicht. Kurz vor der „Rampe“ trotzt unterhalb im Kar noch ein größerer Schneerest den frühsommerlichen Temperaturen der letzten Tage. Eine Trittsicherheit und Schwindelfreiheit ist für solch eine Tour durch die Steilwand unbedingte Voraussetzung!
Kurz nach einigen leichten Passagen kommt die Schlüsselstelle des ersten Teils bis zum Iseler-Gipfel. „Bergführerplatte“ steht da groß auf einem Schild geschrieben. So wild kann die ja nicht sein, denk ich mir. Es braucht aber schon ein kleines bisschen Kraft und die richtige Trittstelltung bis man den leicht überhängenden „Bauch“ überwunden hat (Schwierigkeit C). Ist diese Stelle geschafft, ist der Gipfel zum Greifen nah. Die letzten Meter bewegt man sich, wie auch sonst in weiten Teilen des Steigs, auf lockerem Kies. Grund dafür ist das brüchige Hauptdolomitgestein des Iseler Gipfelaufbaus. Kurz vor dem Gipfelausstieg zweigt der Steig in den zweiten Teil ab. Ich nehme allerdings den Ausstieg und lasse mich auf dem Gipfel vom Panorama des Allgäuer Hauptkammes in der Abendsonne überwältigen. Mich zieht es an diesem Abend noch auf einen Nebengipfel des Iselers, den Kühgundkopf. Ein Wanderweg auf dem Grat verbindet beide Gipfel miteinander. Nach einem kurzen Abstieg und einem viertelstündigen Anstieg erreiche ich den Kühgundkopf – das Ziel meiner Tour. Eine Brotzeit habe ich mir jetzt wirklich verdient! Die Abendsonne steht bereits knapp über dem Grünten und taucht die Berge hinter mir in ein warmes Abendlicht. Sogar den Bodensee kann man im Dunst von hier aus sehen. Die Sonne steht schon knapp über dem Horizont als ich den Rückweg zur Talstation antrete. Eine wunderschöne Tour – so lässt sich der Feierabend genießen!
Über mehrere steile Passagen geht es nach oben Richtung Gipfel
Angekommen an der Schlüsselstelle des ersten Teils – die „Bergführerplatte“
Endlich oben auf 1876 Metern Höhe – der Gipfel des Iselers
Ein grandioses Panorama vor Augen – der Allgäuer Hauptalpenkamm
Noch ein kurzes Stück, dann ist der Kühgundkopf erreicht….
…und zur Belohnung der Tour gibt es neben einer deftigen Brotzeit auch einen wunderschönen Sonnenuntergang!