Auf Edelsteinsuche in den Allgäuer Alpen
Noch bevor sich die ersten Tagesausflügler in die Berge aufmachen bin ich mit Giuseppe Gulisano bereits unterwegs. Er stammt aus Sizilien, erforscht aber bereits seit über 30 Jahren die Geheimnisse der Allgäuer Alpen und der Gipfel im angrenzenden Kleinwalsertal und Tannheimer Tal. In dieser Zeit hat er schon viele wertvolle historische Funde gemacht. Eine Sache hat es ihm aber besonders angetan. Es ist ein Werkstoff, den die Allgäuer schon seit Jahrtausenden verarbeiten. Gulisano ist auf der Suche nach dem Allgäu Jaspis, einem Stein, welcher in einem besonderen Aussehen nur an ganz wenigen Stellen im Allgäu zu finden ist, quasi ein echter Allgäuer Edelstein.
Sogar unter Tage wurde der Radiolarit abgebaut – an der Stollenwand kann man die wertvollen roten Adern erkennen
Schon die Jäger und Sammler der Steinzeit haben den Radiolarit (siehe Wiki) gesucht, um daraus Waffen und Werkzeuge herzustellen. So finden sich vor allem im südlichen Ost- und Oberallgäu die Überreste einstiger Jagdlager der ersten Menschen in der Region. Bekannte Orte für prähistorische Funde liegen beispielsweise an der Schneiderkühren Alpe, dem Riedberger Horn, den Seewänden am Weißensee oder um den Forggensee. Der Stahl der Steinzeit wurde von den Steinzeitmenschen entweder im Kies der Flüsse und Bäche gesammelt oder in den Bergen an Ort und Stelle gewonnen. Seine enorme Härte verdankt das meist rötlich-braune oder grünliche Gestein winzigen Skeletten von einzelligen Lebewesen. Diese lagerten sich am Grund eines tiefen Meeres vor rund 155 Millionen Jahren ab.
Ein Abschlag aus braunem Radiolarit – von einem Steinzeitjäger vor mehreren tausend Jahren bearbeitet und zurückgelassen
„Die Fundstellen für guten, rissfreien Radiolarit wurden in der späteren Neuzeit streng gehütet“, weiß Gulisano. Grund dafür war der Einsatz des Steins in der Rüstungsindustrie, – denn Radiolarit ist ein Bestandteil von Steinschloßflinten. Der „Feuerstein“ erzeugt den Funken, das Schießpulver entzündet sich und die Kugel wird abgefeuert. Gulisano geht davon aus, dass es sich bei der Produktion von Feuersteinen um einen lukrativen Nebenerwerb im Winter handelte. „Vor allem im 17. und 18. Jahrhundert wurden diese Feuersteine für Schusswaffen verstärkt hergestellt“.
In steilen Grashalden befinden sich die Fundstellen für besonders schöne Radiolarite
Wenn es die Zeit zulässt bricht Gulisano zu seinen Fundstellen auf. Heute hat er mich mitgenommen. In Steilhängen oder tief eingeschnittenen Tobeln liegen die Plätze des besonderen Steins versteckt. Wir sind aber auf der Suche nach einem ganz besonders prächtigen Farbenspiel. Denn während der Entstehungsphase drangen auf Grund von heißen Quellen am Meeresgrund knallrote Jaspis-Adern in den Radiolarit ein. Nach einem schweißtreibenden Aufstieg werden wir in einem kleinen Areal fündig. Nur ein kleiner Beutel voll gutes Material wird sicher verpackt im Rucksack verstaut. In einer Alpe im Tal lassen wir uns am späten Nachmittag noch eine gute Brotzeit schmecken bevor es wieder zurück nach Immenstadt geht.
Zurück in der heimischen Werkstatt wird der Allgäu-Jaspis aus seinem Rohzustand in Form gebracht
Zu Hause in seiner kleinen Werkstatt verarbeitet der Steinexperte seine Fundstücke zu einzigartigen Schmuckstücken. Kleine Kreuze, in Silber gefasste Anhänger oder Broschen liegen auf der Werkbank neben Steinsägen, Bohrern und Poliermaschinen. „Ich bin nicht der Erste, dem dieser Stein gefällt und der ihn zu Schmuck weiterverarbeitet.“ Er hat recht. An der Wende zum 18. Jahrhundert baute ein Walser Goldschmied namens Jodok Schugg den Stein in einem kleinen Stollen ab. Über die Jahrhunderte ging auch das Wissen um die Farbenpracht des Steins nicht verloren. Anfang der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts widmete sich der Goldschmiedemeister Alexander Weiss aus Oberstdorf dem Stein und bald darauf ließ die Marktgemeinde ihre Bürgermeisterkette bei Weiss fertigen. Es entstand ein Schmuckstück, auf dessen 17 Kettengliedern ein seit Urzeiten genutzter Werkstoff in seiner schönsten Vollendung sitzt, der Radiolarit- ein echter Allgäuer Edelstein.
Zwei Schmuckstücke aus Allgäu-Jaspis – ein Anhänger und die Bürgermeisterkette des Marktes Oberstdorf
Wiki: Radiolarit, auch Breitachstein, Allgäu-Jaspis oder Silex genannt, ist ein Gestein, das aus den Skeletten einzelliger mariner Mikroorganismen (Radiolarien) in einem tiefen Meer vor rund 155 Millionen Jahren entstanden ist. Radiolarit ist spröde und lässt sich nicht leicht spalten, sondern bricht scharfkantig und muschelig. Auf Grund seiner enormen Härte wurde er bereits in der Steinzeit zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen genutzt. Die Farbe des Stein kann rötlich, grünlich, bräunlich oder schwarz ausfallen.
[…] und im Herbst wieder verschwanden. Ihr Tun war stets geheimnisvoll und hatte immer etwas mit Edelsteinen, Gold und Silber zu tun. Diese Schätze suchten sie in ihrer „Schatzkammer“, den […]
Tatsächlich ein wunderschöner Edelstein. Hätte ich nicht gedacht, dass wir „sowas“ hier im Allgäu haben…
Ja, das Allgäu steckt voller Überraschungen ;)
Ja der hellrote jaspis ist wunderschön – kommt aber nicht aus dem allgäu sondern aus dem kleinwalsertal
Hallo Herr Haller,
richtig der Jaspis kommt aus dem Kleinwalsertal. Aber nicht nur! Es gibt ebenso eine Fundstelle genau dieser hellroten Variante in der Hindelanger Bergwelt. Vielleicht ist diese Fundstelle nicht oder nicht so bekannt, aber dennoch ebenso schön.