Wir befinden uns an einem der schönsten Voralpenseen, genauer gesagt an dem fünftgrößten See in Bayern und dem größten Stausee Deutschlands, dem Forggensee. Diese Harmonie zwischen dem kristallklaren Wasser, den Märchenschlössern und den umliegenden Bergen – es scheint als wäre es nie anders gewesen. Doch das stimmt nicht ganz…
Geschichtliches und Entstehung
Der Forggensee hat bereits mehrere erdgeologische Verwandlungen hinter sich. Einst war er noch ein eiszeitlicher Wasserspeicher, der dann schmolz und eine riesige Wasserfläche hinterließ. Nach einiger Zeit bahnte sich der Lech seinen Weg zum Speicher, der daraufhin abfloß und es blieb eine trockene Landschaft zurück, die Wohnraum für viele Menschen wurde. Unter anderem entstand das Dorf Forggen. Als im Jahr 1950 aber mit dem Bau einer Talsperre in Roßhaupten und dem im Jahr 1954 folgenden Aufstau des Lechs begonnen wurde, mussten die Bewohner wider Willen weichen und der Stausee Forggensee (nach dem gleichnamigen Dorf benannt), so wie wir ihn heute kennen, wurde geformt.
Start der Radtour am historischen Ursprung des Stausees
Knapp 32 Kilometer liegen vor uns und wir beginnen unsere Radroute an der historischen Lechstaumauer in Füssen. Sie ist verantwortlich für den Zufluss des Lechs im Frühling und den Abfluss des Wassers im Herbst. Das türkisblaue Wasser bildet einen exotischen Kontrast zur weißen Staumauer, mich erinnert das immer ein bisschen an karibisches Meer.
Weiter geht es auf dem Mountainbike durch die Schwangauer Ortsteile Horn, Waltenhofen und Brunnen, vorbei an Wiesen und Wäldern. Dabei lässt sich der Forggensee leider noch nicht blicken, weshalb die Bootsanlegestelle Waltenhofen die perfekte Gelegenheit bietet den ganzen See und die umliegenden Sehenswürdigkeiten einschließlich Festspielhaus und die Dächer der Stadt Füssen in der Ferne zu sichten. Auch das herrliche Alpenpanorama zeigt sich von seiner schönsten Seite.
Als ständiger Begleiter entpuppt sich dabei das „Forggensee-Radrundweg Schild“, das überall den Weg weist, wodurch das Verwenden einer Radkarte nicht erforderlich ist.
Unser nächster Halt ist der Hergratsrieder See, ein kleiner idyllischer Ort zwischen Forggensee und Bannwaldsee. Experten bezeichnen ihn aufgrund vielfältiger und seltener Artenvorkommnisse auch als Biotop-Mosaik. Ringsherum schmücken sogenannte Drumlins den kleinen See. Die länglichen Hügel formten sich während der Eiszeit und bestehen aus Schotter oder Moränenmaterial. Man muss zugeben, das Radfahren durch die moorige Landschaft des Ostufers hat schon was Besonderes.
Radfahren entlang der Straßen in Richtung Norden
Langsam ändert sich das landschaftliche Bild. Wir lassen das Ostufer hinter uns und radeln entlang der Straße durch die Ortsteile von Halblech: Greith, Rauhenbichl und Kniebis. Ab letzterem führt uns eine steile Abfahrt zum bekannten Illasbergsee, der mit dem Forggensee direkt verbunden ist. Unser Ziel auf dem Radweg ist allerdings der hochgelegene Panoramastadl, wo wir nach ca. 20 geschafften Kilometern einkehren werden. Die Aussicht von dort oben ist einfach phänomenal.
Hoch motiviert und mit neuen Kräften erreichen wir mit dem Mountainbike den Gegenpol zur Lechstaumauer: die Forggenseestaumauer bei Roßhaupten. Diese dient als riesiges Wasserkraftwerk zur Energieerzeugung von 151,4 Mio. kWh im Regeljahr. 35,4 Meter fallen die Wassermassen hier in die Tiefe.
Von dort geht es bergauf über Roßhaupten bis nach Dietringen, wo wir einen Abstecher zum See hinunter machen und die Aussicht auf die vielen Segelboote in der Dietringer Bucht genießen. Es ist ein ganz historischer Ort auf der Radtour, denn hier verläuft die alte Römerstraße Via Claudia Augusta weiter in den Forggensee hinein. Sie führte damals von der Adria bis zur Donau und galt als wichtige Handelsstraße. Wenn das Wasser abgelassen ist, kann man sogar heute noch ihren Verlauf in der wüstenartigen Seelandschaft verfolgen.
Beim Radfahren entlang des Westufers fällt mir der starke Gegensatz der Natur zum Ostufer auf. Hier ist alles grüner und hügeliger, während im Osten braune Gräser und Schilf die Landschaft prägen. Außerdem ist die Ostseite wesentlich ruhiger, da an der westlichen Seite die Hauptstraße teilweise direkt am Radweg vorbeiläuft.
Schmale Radwege entlang des Westufers
Ab dem Café Maria in Osterreinen führen schmale kiesige Radwege durch die sanfte Hügellandschaft nicht weit des Ufers. Egal ob mit Mountainbike, Rennrad oder eBike – die Beschaffenheit des Weges sollte kein Hindernis sein. Im Gegenteil: Die Kieselsteine verleihen der Radtour Abwechslung und Vielfalt.
Im weiteren Verlauf der Radtour verwandeln sich die Kieselsteine dann wieder in Teer, welcher uns bis zum Festspielhaus, dem kulturellen Höhepunkt begleitet. Zahlreiche Veranstaltungen aller Art finden in der Eventlocation regelmäßig statt. Seit 2012 wird dort jedes Jahr am 25. August eine „Königsgala“ zu Ehren König Ludwigs II. Geburtstages veranstaltet. Nicht zu vernachlässigen ist dabei der Ausblick durch den Park hinüber zu seinem Schloss Neuschwanstein in den Bergen.
Radroute Füssener Gegend – die südliche Seite des Sees
Beim Radfahren weiter auf dem Forggensee-Radrundweg in Richtung Süden entdeckt man viele kleine Inselchen im dunkelgrün gefärbten Wasser, was ein wenig an eine Tümpellandsschaft erinnert, jedoch keine ist. Am bekanntesten ist wohl der Bootshafen in Füssen, von wo aus tagtäglich zwei Schiffe zur kleinen oder großen Forggenseerundfahrt einladen. Das Dröhnen des Bootes ist übrigens mehrmals während der Radtour zu hören.
Auf dem letzten Stück der Radroute gelangen wir schließlich weiter Richtung Füssen-Mitte und mit einem letzten Blick auf das Hohe Schloss von Füssen befinden wir uns nach 3 Stunden wieder am Ausgangspunkt unserer Radtour.