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Schmiede-Kultur: Feuer und Flamme für die Schmiedekunst

Kultur: Feuer und Flamme für die Schmiedekunst

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Die  kalte Jahreszeit in Tirol braucht Günter Nenning nicht zu fürchten. Wenn andere frösteln, zieht der 58-Jährige aus Zöblen seine Jacke aus. Der Hüne mit den breiten Schultern hat den heißesten Job im Tannheimer Tal: Er steht als Schmiedemeister am Feuer und klopft mit dem Hammer solange auf den Ambos, bis Hufeisen, Messer oder Kunstwerke geformt sind. Der Tiroler, der eine alte Familientradition und die Kultur fortführt, gehört zu den besten Schmieden der Welt. Und ist zudem der letzte Vertreter einer einstmals blühenden Zunft im Hochtal. Damit sein Berufsstand nicht in Vergessenheit gerät, zeigt er beim Bauernadvent in Zöblen (29. November, ab 14 Uhr beim „Käthrer“) sowie beim Außerferner Weihnachtsmarkt in Reutte (6. bis 8. sowie 12.-14. Dezember) sein Können. Getreu dem Motto: „Für mein Handwerk bin ich Feuer und Flamme!“

Schmiede-Tradition

Bam, Bam, Bam: Wer die Werkstatt von Günter Nenning betritt, wähnt sich zunächst im Proberaum eines Schlagzeugers. Mit voller Wucht und erstaunlichem Tempo hämmert der Schmied auf erhitztes Eisen, bis die Funken spritzen. Auf diese Weise entstehen Hufeisen, Messer, Ringe, Glücksbringer oder Spezialanfertigungen. Der verheiratete Vater von zwei erwachsenen Töchtern ist ein Meister seines Faches: Viele Jahre nahm er an Schmiede-Wettkämpfen teil und brachte es sogar bis zum Vize-Weltmeister! Zahlreiche Pokale und Trophäen erinnern in einem Wandregal an diese Zeit. Zu solchen Auszeichnungen bringt es nur, wer Präzision und Kreativität auf sich vereint. Günter Nenning hat von beidem eine Menge. Sie wurden ihm als Beigaben quasi in die Wiege gelegt. „Seit 1813 hat meine Familie immer einen Schmied hervorgebracht“, erzählt der Mann mit dem kräftigen Händedruck stolz.

Kultur in Tirol

Er selbst hat das Handwerk schon als Bub von seinem Vater und von seinem Großvater erlernt. Wissberieg stand er in der Werkstatt und meisterte schon bald die ersten Schritte erfolgreich. „Heute wird das ja alles nach Vorschrift und Lehrbuch gelehrt. Damals hieß es: „Mach‘ das!“ Da musste man selbst auf die Lösung kommen“, erklärt Nenning den kleinen aber feinen Unterschied. Nach einer Ausbildung zum Fahrzeugbauer entschloss er sich als junger Mann, die Tradition weiterzuführen: Er absolvierte eine Lehre zum Schmied, machte seinen Meister und übernahm den väterlichen Betrieb mit wunderbarem Blick auf die Gipfel des idyllischen Tals. Was ihn an dem harten Beruf so faszinierte? Die Antwort gibt seine stellvertrend seine Ehefrau Elfrieda: „Es muss das Feuer sein. Da zieht es ihn einfach hin“, sagt sie mit einem Schmunzeln.

Günther Nenning

Außerdem schätzt Nenning das Lösen von kniffligen Aufgaben („da ist er Perfektionist“) – und er hat ein Gespür für Pferde, was ihm beim Beschlagen der Hufe hilft. „Ich bin mit Tieren aufgewachsen. Außerdem kommen die Hufeisen bei mir nicht von der Stange. Die schmiede ich eigens für jedes Pferd. Das ist ähnlich wie beim Menschen: Ein Tänzer braucht andere Schuhe als ein Wanderer“, sagt Nenning. Sein guter Ruf als (Huf-)Schmied eilte ihm bis nach Wien voraus. Dort gab er vor Kurzem Schmiede-Kurse an der veterinämedizinischen Universität. „Das war für mich wie ein Ritterschlag. Als man mich anrief, dachte ich zuerst an einen Witz“, erzählt er bescheiden. Doch den Wienern war es ernst. Denn einen „Allrounder“ wie Nenning gibt es nur noch selten im Schmiedegewerbe. „Ich bin eben offen für alles. Das muss man heutzutage als Schmied auch sein“, nennt er sein Markenzeichen. Zu seiner Arbeit gehören auch seit über zehn Jahren Auftritte bei Weihnachtsmärkten oder den Ritterspielen im benachbarten Ehrenberg, wo er jungen Menschen das Schmiedehandwerk näher bringen will. Bislang sei im Tannheimer Tal kein Nachfolger in Sicht, erzählt Nenning. Die buchstäblich „hammerharte“ Arbeit fasziniert zwar viele, doch auf sich nehmen wollen sie nur die allerwenigsten. Günter Nenning scheut dagegen keinen Kraftakt. Er hebt schon mal einen 125 Kilo schweren Ambos in die Höhe und hämmert ausdauernd wie kein Zweiter auf das heiße Eisen. Nach getaner Arbeit bevorzugt der letzte Schmied im Tannheimer Tal dagegen die leisen Töne. Günter Nenning spielt zur Entspannung am liebsten Zither!

Schmiedekunst Kultur und Handwerk

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