Deutschlands Flusslandschaft des Jahres, ein artenreiches Vogelparadies, Feuchtwiesen und Moore und immer wieder traumhafte Ausblicke auf die Nagelfluhkette – und das alles soll an einem Tag gehen? Auf den Westallgäuer Wasserwege-Touren Nr. 11 und Nr. 26 durfte ich im Mai genau das erleben!
Anlass für meine Wanderung ist ein ganz besonderer: Wir haben im Westallgäu acht Gastgeber zu „Wasserbotschaftern“ ausbilden lassen. Zu dieser Ausbildung gehören ein Theorieabend und eben eine Exkursion an die Westallgäuer Wasserwege, bei der ich ebenfalls dabei sein darf. Die acht Gastgeber sind nun – genauso wie die 24 bereits 2012 geschulten Vermieter – wahre Experten der Westallgäuer Wasserwege und können ihren Gästen ganz besondere Tipps geben. Außerdem gibt es bei den Wasserbotschaftern Expeditionseimer für Kinder mit Lupe, Kescher und Co. So wird jede Wanderung schnell mal zur spannenden Naturkundeexkursion.
Zwei vielseitige Wanderrouten
Nun aber zurück zu unserer Wanderung: Damit wir alle bei unserer Exkursion besonders viele Landschaftsformen des Westallgäus kennenlernen, haben wir uns für zwei ganz unterschiedliche Touren entschieden: Tour Nr. 11 durch das Wildrosenmoos bei Oberreute und Tour Nr. 26 an der Unteren Argen bei Neutrauchburg (in abgekürzter Form). Natürlich kann man die beiden Wanderungen auch an zwei verschiedenen Tagen gehen und daraus zwei gemütliche, längere Spaziergänge machen. „Packt“ man beide in einen Tag, sind aber mit ein paar Pausen ganz schnell sechs Stunden vergangen.
Los geht es am Wanderparkplatz Menelzhofer Berg bei Neutrauchburg. Hier gibt uns Thomas Gretler, Biologe, Journalist und Wasserwege-Profi, gleich mal einen Überblick, wo wir hinwandern.
Zunächst geht es einen kurzen Anstieg hinauf auf einer geteerten, aber kaum befahrenen Straße. Dafür entschädigt nach wenigen Metern der wunderbare Ausblick auf das Tal der Unteren Argen, Isny, die Adelegg und die Nagelfluhkette.
Die Untere Argen – Deutschlands Flusslandschaft des Jahres
Damit wir auch unsere zweite Tour am gleichen Tag schaffen, nehmen wir dann eine (übrigens sehr schöne!) Abkürzung hinunter zur Unteren Argen. Die Untere Argen zählt zu den wenigen Flüssen im Voralpenland, die in weiten Bereichen noch nahezu unverbaut talwärts fließen. Damit wir das hautnah erleben können, macht Thomas mit uns vor der Brücke über die Untere Argen noch einen kurzen Abstecher nach rechts entlang des Flusses. Dort erreichen wir nach wenigen Metern eine wunderbare Kiesbank, die zum Verweilen einlädt. Thomas zeigt uns, was sich unter den Steinen im Wasser so alles verbirgt. Es wimmelt geradezu von Insektenlarven, Flohkrebsen und anderen Kleintieren. Mit etwas Glück lassen sich hier sogar Eisvögel und Wasseramseln beobachten, berichtet unser Experte.
Der Herbisweiher – Ein Naturjuwel
Mit dem Rauschen der Argen im Ohr gehen wir dann vorbei an mehreren Infotafeln, die Wissenswertes über die Lebewelt am Fluss berichten, durch das Flusstal zum Herbisweiher. Seit seiner Renaturierung im Jahr 2003 hat sich dieser zu einem artenreichen Feuchtgebiet entwickelt, in dem laut Thomas Wasservögel wie Blasshühner, Zwergtaucher, Höckerschwäne und verschiedene Entenarten vorkommen. Ein kleiner Steg führt direkt ans Ufer des Weihers – ein idyllischerer Platz für die Mittagspause ist kaum vorstellbar!
Nach einem Anstieg auf einem schönen Waldweg haben wir die erste unserer beiden Touren auch schon wieder geschafft und sind zurück bei unseren Autos. Weiter geht es ca. eine halbe Stunde in Fahrgemeinschaften in Richtung Oberreute. Beim dortigen Wanderparkplatz im Hinterschweinhöf treffen wir uns auch schon wieder – in freudiger Erwartung auf eine interessante zweite Tageshälfte.
Lebensraum Moor
Schon nach wenigen Metern werden wir beeindruckt von der Schönheit der Natur, die uns hier erwartet. Wir sind mitten im romantischen Wildrosenmoos, einem Landschaftskomplex aus Feuchtwiesen und Mooren. Viele seltene und geschützte Tiere und Pflanzen finden hier noch einen Rückzugsort. Wir haben z.B. Trollblumen und Frühlingsenzian entdeckt.
An die Zeiten des Torfabbaus erinnert eine kleine Hütte am Wegesrand: In ihr sind einige Geräte ausgestellt, die früher zur Torfgewinnung verwendet wurden.
Schmugglerpeter weiß, wie’s geht
Schnell stellen wir fest, dass das Wilrosenmoos auch für Familien mit Kindern ein sehr empfehlenswertes Wandergebiet ist. Während wir Erwachsenen uns auf Wasserwege-Infotafeln Naturwissen aneignen können, führt Kinder der „Schmugglerpeter“ auf dem Grenzerpfad durch das Moor und die Umgebung. Das Wildrosenmoos liegt zum Teil in Deutschland, zum Teil in Österreich. Da bietet es sich natürlich an, Schmugglergeschichten und Geschichten über das frühere Leben an der Staatsgrenze zu erzählen. Der Schmugglerpeter gibt aber auch Anleitungen, wie man auf die Zeichen der Natur achten lernt und die Sinne schärft. Da kann man etwa im Unterholz lebensgroße Tierfiguren entdecken, mit dem Hörrohr die Stimmen der Baumwipfel einfangen und vieles mehr.
Und immer wieder tolle Ausblicke
Und dann plötzlich tut sich vor uns der Wald auf und wir stehen völlig unerwartet mitten auf einem Berghang mit grandioser Aussicht auf die Nagelfluhkette. Besonders der Hochgrat, den wir bei Isny aus der Ferne bewundern durften, ist hier plötzlich ganz nah.
Nach einem kurzen Marsch über Wiesen und durch den Wald erreichen wir dann das „Herz“ des Wildrosenmooses mit seinem malerischen, großen Moortümpel, in dem sich die umliegenden Bäume spiegeln.
Danach geht es auch schon wieder auf Stegen und durch den Wald zurück in Richtung Wanderparkplatz.
Danke, Thomas Gretler, für einen wunderbaren Wandertag voller neuer Eindrücke. Immer wieder bin ich überrascht, was es im Westallgäu für schöne Flecken gibt. Das macht Lust auf viele weiter Wanderungen und Entdeckungstouren!