Wandern im Allgäu: Interview mit Christa Fredlmeier, Macherin der Wandertrilogie
Die Herrin der Wege
Interview: Dirk Lehmann • Fotos: Susanne Baade
Wandertrilogie Allgäu. Im vergangenen Jahr hat sich ein Landstrich im Südwesten Deutschlands daran gemacht, das Wandern neu zu erfinden. Wandern – das war ursprünglich schlicht ein Gehen von A nach B. Dann wurde es ein Gehen von A nach B über ausgeschilderte Wege. Zuletzt hat man es weiter entwickelt zu einem Gehen von A nach B über sehr abwechslungsreiche, ausgeschilderte Wege. Und nun die Neuerfindung: Man kann sich bei A entscheiden, über welchen von drei möglichen, abwechslungsreichen und gut ausgeschilderten Weg man nach B gehen will – und hat in B eine ähnliche Auswahl für den Weg nach C…
Ein wundervoll sonniger Nachmittag. Wir sitzen auf einem Ponton, der in den Hopfensee hinein ragt, und haben die Schuhe ausgezogen. Die Füße sind noch nass, fühlen sich lebendig an. Denn nach einer kurzen Wanderung haben wir die in den Ponton eingelassene Kneipp-Anlage benutzt. Neben uns sitzt Christa Fredlmeier, ebenfalls barfuß. Die Frau mit den langen dunklen Haaren, dem vom vielen draußen sein lebendigen Teint und dem sympathischen Lachen genießt den Tag. Dabei hat sie eine herkulische Aufgabe hinter – und die nächste Feuerprobe vor sich. Christa hat ein Groß-Projekt geleitet, mit dem der Tourismus in diesem Landstrich einen neuen Schub erhalten soll: Mit der Wandertrilogie Allgäu wurde hier das Wandern neu erfunden.
Wir treffen Christa Fredlmeier auf ein Gespräch am See.
Allgäuer Alpenblog: Vor knapp einem Jahr wurde mit einem Festakt und einem Feuerwerk die Wandertrilogie Allgäu eröffnet. Wie fühlt sich das heute an?
Christa Fredlmeier: Wenn ich daran zurück denke, wie schwierig die Auftakt-Tage waren, es hat viel geregnet und stellenweise auch heftig gewittert, so dass einige Veranstaltungen in dem an verschiedenen Orten geplanten Eröffnungsreigen abgesagt werden mussten, dann war das erste Jahr nach diesem Start sehr erfolgreich. Und ich freue mich, dass jetzt die zweite Saison gestartet ist.
Es gab kritische Stimmen, die das Projekt als verkopft bezeichneten. Aber es gab auch viel Lob. Was überwiegt?
Ich bin immer wieder auf den Wegen unterwegs, auch weil ich wissen will, wie sie angenommen werden. Und am Wurzacher Ried hatte ich zuletzt eine so nette Begegnungen, zwei Damen standen an der Infotafel und lasen jedes Wort. Die beiden waren so bewegt, so beseelt. Da habe ich gesehen, wie sehr die Idee angenommen wird. Das ist schon toll.
Die Wandertrilogie ist kein einfaches Produkt…
…nein, das stimmt. Man muss schon bereit sein, sich damit auseinander zu setzen. Klar, man kann auch nur einfach die Wege gehen. Aber richtig erschließen wird sich das Konzept und somit den Mehrwert nur demjenigen, der Lust hat auch ein wenig, tja, zu lernen.
Das setzt nicht nur voraus, dass es einen interessierten Wanderer gibt. Das erfordert vor allem auch investitionswillige Gemeinden. Denn es hat einen großen Erzählbedarf gegeben. War es schwer, Partner zu finden und zu überzeugen?
Man kann ein solches Konzept nicht von oben nach unten durchsetzen. Sondern es funktioniert nur als Koalition der Willigen. 33 Partnerorte haben sich verpflichtet. Ich habe in 26 Gemeinderäten für das Projekt geworben, sieben Orte konnten so entscheiden. Auf fünf Jahre haben sie sich für die Beteiligung an der Wandertrilogie verpflichtet. Die Aufgabe der nächsten Zeit wird sein, die Wandertrilogie zu verankern. Wir haben schon viel erreicht, aber es gibt auch noch einiges zu tun.
Wie vermarktet man ein insgesamt 876 Kilometer langes Wegenetz, von dem der einzelne Wanderer ja nur einen Bruchteil geht?
Ach, ich habe da unzählige Vorschläge: Man bietet Wanderpauschalen an, stellt Abschnitte in Wochenend- oder Wochentouren zusammen, kooperiert mit Nachbar-Orten. Man nutzt die geschaffene Infrastruktur für Aktionen oder für emotional aufgeladene Angebote. Es gib viele Möglichkeiten. Mir ist aber wichtig, dass die Gemeinden selbst federführend sind. Aber wir sind da auf einem guten Weg.
Was ist die Perspektive?
Ich kann keine Zahlen nennen, das wäre unseriös. Aber ich habe 2001 in Nordrhein Westfalen den von mir mitentwickelten Rothaarsteig eröffnet als ein Fernwanderweg neuen Typs, abwechslungsreich, in Etappen zu bewältigen. Ein zeitgemäßes Erlebnis, denn heute sind weniger die „Kilometerfresser“ unterwegs, sondern eher Genusswanderer. Schon 2004 haben Umfragen gezeigt, dass die angrenzenden Regionen durch den Weg mehr als 400.000 Übernachtungen hatten. Das ist ein großer Erfolg.
Und der hat zu einer Neu-Ausrichtung des Wander-Tourismus in Deutschland beigetragen. Viele Fernwanderwege entstanden nach Vorbild des Rothaarsteigs. Welche Position wird die Wandertrilogie einnehmen?
Die Wandertrilogie Allgäu macht eine Region auf eine ganz besondere und neue Art erlebbar. Das Allgäu – eine Landschaft voller großer Geschichten, die es zu entdecken und aufzuspüren gilt.