Woher unsere Berge in Tirol ihre Namen haben
Mein Wohnort, meine Heimat, mein Leben!
Mein Name ist Jana Schädle, bin Schülerin und wohne schon lange hier im Tannheimer Tal. Da mir mein Heimatort so gut gefällt, stelle ich nun ein paar der schönsten Impressionen des Tannheimer Tals in Tirol vor. Hierfür habe ich das Gästemagazin „Talblick“ gründlich durchforstet und teile es hier mit Euch!
Es ist schon merkwürdig mit diesen Wegbegleitern, die sich da auf einer Wanderung zu uns gesellen. Egal, ob wir allein aufbrechen oder als Gruppe, ob wir Kinder dabei haben oder Freunde: Auf einmal sind sie da. Nehmen wir einmal die Route vom Haldensee hinauf zur Gappenfeld Alm. Kaum haben wir die ersten Kehren und um die hundert Höhenmeter hinter uns, kommt uns der erste von links entgegen. Er stellt sich nicht groß vor, zwei Silben müssen genügen:
LITNIS 2.068 Meter hoch ragt der einsame Riese in die Höhe, unverkennbar mit seinen mächtigen Felswänden, nur um weniges überragt von der SUZLSPITZE die sich bald danach mächtig ins Bild schiebt. Schritt für Schritt ändert sich der Anblick der beiden, obwohl sie stumm und unbeweglich in ihrer Position verharren. Das Spiel von Licht und Schatten, die wandernde Sonne, die fliehenden Wolken zeichnen ihr Antlitz im Wechsel nur weniger Sekunden neu.
Gerade die Stille des Tals, in der jeder Windhauch zu hören ist, der durch den Wald streicht, wo – je nach Jahreszeit – der Strindenbach mal munter, mal leise seine Melodie zum Takt unserer Schritte murmelt, öffnet einen besonders intensiven Zugang zu den ewigen Mächten der Berge. Lange vor unserer Zeit haben sie ihre Gestalt gefunden, über tausende von Jahren haben sie beobachtet und erspürt, wie sich ihnen Menschen nähern und wieder entfernen. Noch lange nach uns werden sie hier stehen und abwarten, wer diesen Weg noch gehen wird. Rechts zweigt der „Kässteig“ zur Strindenalpe ab, wir folgen weiter dem „Saalfelder Höhenweg“, der uns in einigen Kehren rasch Höhe gewinnen lässt – und immer wieder neue Blicke auf unsere felsigen Begleiter.
Vorbei an der Strindenscharte und Gappenfeldscharte kommen wir zur Gappenfeld Alm und freuen uns über ein neues Panorama. Nach Süden zu liegt die Welt der Spitzen:
SCHOCHENSPITZE
LACHENSPITZE
STEINKARSPITZE
ROTE SPITZE
Drüben, jenseits des Vilsalpsees, der sanft im Mittagslicht schimmert, ragt die Welt der Hörner in den Himmel:
KUGELHORN
RAUHORN
GAISHORN
Wer sich jetzt nicht nur die Zeit nimmt, die Blicke schweifen zu lassen, sondern auch seinen Gedanken Freiheit gibt, hat eine gute Gelegenheit zu rätseln, woher diese Berge ihre Namen haben. Vielleicht haben sie eine der Schriften von Eberhard Kranzmayer im Rucksack, einem der bekanntesten österreichischen Mundartund Namensforscher, der wie kein anderer den Titeln und Namen nachging, die zum Teil seit Jahrhunderten bestehen. Die von ihm gepflegte Wissenschaft der „Oronymie“ (vom griechischen „oros“, Berg, und „nomos“, Namen) erklärt die feinen Unterschiede.
Gipfelnamen erzählen spannende Geschichten
Denn es gibt „Lagenamen“, die sich sehr häufig an Form und Beschaffenheit orientieren, wobei oft ganz alte Worte und Begriffe im Spiel sind. Aber auch allgemeine Naturerscheinungen wie Witterung sowie die Pflanzen- oder Tierwelt und die Nachbarschaft zum Beispiel zu Flüssen werden zur Namensgebung herangezogen. Dazu kommen „Kulturnamen“ nach der wirtschaftlichen Nutzung wie zum Beispiel „Kälbelespitze“, die ihren Namen von den zweijährigen Rindern hatte, die unterhalb ihre Sommerweide genossen. Darüber hinaus gibt es noch „Besitznamen“ nach den Eigentumsverhältnisse sowie kultisch-mythische und religiöse Namen in Anlehnung an Märchen, Sagen und Traditionen der Menschen, die in der Nähe der Berge leben. In seltenen Fällen gibt es dann auch noch künstliche und gelehrte Namen, geprägt von Geographen und Bergsteigern sowie vom Fremdenverkehr. „Welcher Name schließlich in der Landkarte verzeichnet wird, legt übrigens – wie bei Straßennamen – stets die Gemeinde fest, auf deren Gemarkung sich ein Berg befindet“, sagt Johannes Fischer, Kartograph beim Deutschen Alpenverein. Nichts da also mit dem Recht des Erstbesteigers, „seinen“ Berg zu betiteln. Eher unwahrscheinlich aber auch, dass verdienten Bürgermeistern oder Sportgrößen die Ehre zuteilwird, dass sie nicht nur am Ort oder auf dem Stockerl ganz oben sind. Andererseits ist es auch nicht verboten, wenn sich eine Familie bei ihrer Wanderung mit „Namen für einen Tag“ die Zeit vertreibt. Genauso wie bei den sich ständig verwandelnden Wolken kann man natürlich auch den Bergen ganz persönliche Namen geben, während man entspannt um den Haldensee geht oder von der Krinnenalpe aus über den Alpenrosenweg wandert. Sieht dieser Höhenzug da drüben nicht aus wie Daisy, die Katze der Nachbarn? Schon ist das „Daisyjöchl“ geboren. Die dunklen Flecken auf dem spitzen Hang dort? Das „Stracciatella- Kar“. Der runde, baumlose Hügel mit einem Schnurrbart aus Sträuchern? „Opa Gustl- Kopf“. Viele Bergnamen sind so entstanden, indem die Menschen, die in der Nähe wohnen, sie mit alltäglichen Beobachtungen verknüpft haben – auch im Tannheimer Tal. Hinter einigen der Namen verbergen sich auch heitere und kuriose Geschichten. So hieß die KÖLLENSPITZ nicht immer so. In frühen Zeiten wurde sie „Metzenarsch“ genannt; irgendjemand mochte darin also das Hinterteil einer Dirne wiedererkannt haben. Als aber anno 1854 die Prinzessin Marie Friederike von Preußen das Jagdhaus auf dem Tegelberg bei Füssen besuchte und man ihr die umliegenden Gipfel erklärte, bediente man sich kurzfristig des Flurnamens „In der Kelle“ am Fuße des Berges, da der originale Name unpassend erschien. Wie gut, dass das „Hundsarschjoch“ drüben bei der Vilser Alm ihren Blicken verborgen blieb, es durfte bis heute seinen Namen behalten. Ganz und gar nicht anstößig ist dagegen, was sich hinter dem BSCHEISSER verbirgt, der südlich von Zöblen und Schattwald 2.000 Meter hoch aufragt. Im Allgäuer Sprachraum bezeichnet man Berge, von denen oft Geröll abgeht als „Schiaßr“, als würden sie mit Steinen schießen. Der EINSTEIN wiederum hat mit dem gleichnamigen Physiker und Nobelpreisträgernichts zu tun. Die erste Silbe erklärt sich dadurch, dass er ohne unmittelbaren Nachbarnaufragt, also allEIN steht. Die zweite Silbe bezieht sich auf sein markantes, felsiges Gesicht, das zudem von einem auffällig viereckigen Gipfel gekrönt wird, das manchen an einen behauenen Stein erinnert. An ihm führt mit dem „Vater unser Weg“ auch eine für Geübte attraktive, für weniger Geübte angenehme Wanderroute vorbei, die nicht nur für die innere Einkehr taugt, sondern auch einen großzügigen Ausblick auf die Berge eröffnet, die das Tannheimer Tal umschließen.
Tannheimer Gipfelwelt entdecken
Überhaupt: Entlang des Tannheimer Rundwanderwegs, der das ganze Tal durchquert, lassen sich Berge und Gipfel aus allen Blickwinkeln entdecken. Die 20 Kilometer können auch etappenweise absolviert werden. Zurück zum individuellen Ausgangspunkt geht’s mit dem Wanderbus, der für die Inhaber der Gästekarte des Tannheimer Tals kostenlos ist. Eine Etage höher führt der Höhenweg Lohmoos mit weiten Aussichten auf die umliegende Bergwelt ab Tannheim in zirka zwei Stunden zum „Berghotel Zugspitzblick“ – mit freier Sicht auf Deutschlands höchsten Gipfel, der seinen Namen nicht von der Eisenbahn hat, sondern von den „Zügen“ genannten Rutschbahnen der Lawinen an seinen Hängen. Eine weitere gute Gelegenheit, eine große Zahl von Gipfeln und Gipfelnamen ins Visier zu nehmen, bietet sich auf dem GAMSKOPF unweit der Bergstation beim Füssener Jöchle. Von dort aus genießt man freien Blick, bei gutem Wetter mit Fernsicht bis nach München und bekommt durch den Panorama-Informator gleich die „Untertitel“ mit dazu. Was sich sonst noch an Außergewöhnlichem entdecken lässt? Der Name ROTE FLÜH setzt sich aus zwei Namens-Komponenten zusammen: die Nagelfluh als das dominierende Gestein in diesem Tal der Alpen sowie das flammende Rot, in dem der Berg bei Sonnenuntergang über dem Tal leuchtet. Und der GIMPEL gleich daneben? Haben den die kleinen Vögel getauft? Nein, sondern die Kelten, deren Wort comba für „Mulde“ der Alpe unterhalb des Gipfels den Namen gab. Beim SORGSCHROFEN weist der Name auf das steile, felsige– also „schroffe“ – Gelände hin, das den Wanderfreund erwartet. Bis ins Mittelalter geht der Ursprung der ROHNENSPITZE zurück. Damals bezeichnete man mit „Rohne“einen Windwurf oder umgestürzten Baum. Manchmal sind es in der Tat lange und verschlungene Wege, die hinter das Rätsel seltsamer Bergnamen führen … Ach ja, da war ja auch noch die LITNIS, der uns als erster begegnet ist. Sein Name könnte aus der Mundart kommen, vom Substantiv „Verlitt“ (abgeleitet von „verleiden“), was so viel wie Plage bedeutet. Mühselig war der Weg zu seinem Gipfel von der Strindenscharte her durch die wuchernden Latschenkiefern allemal.
Wunderbar geschrieben!!! Danke!
Toller Bericht über eine Ecke Österreichs die auch wir lieben.
Da ich meiner Freundin eben Heiratsantrag dort machen möchte ,
suche ich noch eine Hütte am Berg, wo man vielleicht ins Tal schauen kann und ein romantisches Feuer machen kann. Leider ist sie allergisch gegen Pferde , deshalb fällt Kutschfahrt aus:-)
Hat jemand einen Tipp ? Danke vorab