Wellness für die Seele: Wandern im herbstlichen Tiroler Hochtal
„Heute machen wir mal eine richtige Tour!“ Wenn ich Besuch habe und dieser Satz fällt, weiß ich genau, was zu tun ist: Dann geht’s ab zum Wandern ins Tannheimer Tal, diesem wunderbaren Hochtal in Tirol – und zwar zu einer knackigen Wanderung für Fortgeschrittene über das Zirleseck (1.872 Meter) auf den Ponten (2.045 Meter) und zurück über die Stuibenalpe. Ausgangs- und Zielpunkt dieser etwa sechseinhalbstündigen Bergtour (11,7 Kilometer, 1.026 Höhenmeter im Auf- bzw. Abstieg) ist der Parkplatz am Wannenjochlift in Schattwald.
Um den Tatendrang der motivierten Gästen nicht zu bremsen, wird ausnahmsweise auf die bequeme Fahrt mit der Sesselbahn verzichtet. Sie wird gerne genutzt, um den Aufstieg zu anderen Touren zu erleichtern. Wir dagegen setzen bei strahlend-herbstlichem Bergwetter heute ausschließlich auf die Kraft der Wadeln – und gehen wandern. Und es lohnt sich von der ersten Minute an. Der einstündige Aufstieg ins Pontental führt uns rasch in Richtung des höchsten Gipfels im Bereich Schattwald. Seine erhabene Gestalt ist nicht zu übersehen. „Da wollen wir wirklich rauf?“ Diese Frage kommt fast immer, wenn ich mit Besuchern näher an den Berg rücke. „Na, klar!“, lautet die Antwort. Denn der Weg zum Ponten ist zwar recht steil, aber mit der nötigen Trittsicherheit und gutem Schuhwerk auch für Urlauber geeignet, die über ein gerüttelt Maß an Kondition verfügen. Wer zu einer sechseinhalbstündigen Tour „ja“ sagt, weiß schließlich, auf was er sich einlässt.
Wunderbarer Ausblick in die Allgäuer Alpen
Andererseits wird er ab dem Potental mit jedem weiteren Meter auf dem breitgeschwungenen Pfad entschädigt: Bereits auf dem Zirleseck genießt man einen wunderbaren Ausblick in die Allgäuer Alpen und Tannheimer Berge. Eine kurze Pause lohnt sich hier nicht nur wegen des berühmten „Gipfel-Ratespiels“, sondern auch, um Kraft zu tanken. Denn jetzt kommt die Schlüsselstelle. Auf dem bestens ausgeschilderten Weg biegt man auf dem Zirleseck nun nach rechts ab, um in etwa 45 Minuten den knackigen Anstieg zum Ponten zu meistern. Auf diesem Teilstück habe ich schon manchen Gast kurzzeitig fluchen gehört, doch am Gipfel ist aller Anstrengungsfrust wie weggeblasen. Frei und glücklich wie die Dohlen, die diesen herrlichen Flecken beherbergen, staunen wir andächtig über den Rundblick. Ja, es war alle Mühen wert!
Nach einer Brotzeit geht es zum entspannten Teil der Übung weiter. Wir folgen der Beschilderung in Richtung Bschießer (den ganz Motivierte auch noch mitnehmen können…) und biegen dann auf dem Güntle-Sattel rechts ab in Richtung Tal. Der Abstieg dauert von dort aus 1:15 Stunden. Auf halber Strecke liegt die Sennalpe Stuiben, auf der getrost auf eine gelungene Tour angestoßen werden darf: Denn der Rest der Wanderung führt auf breit-asphaltierter Straße hinunter zu unserem Ausgangsort, dem Parkplatz der Wannenjochbahn in Schattwald. „Und habe ich zu viel versprochen?“, fragte ich vor Kurzem zum Ende einer golden-herbstlichen Ponten-Tour meine Freundin aus Berlin kurz bevor wir ins Auto steigen. „Nein“, meinte sie mit einem letzten Blick nach oben auf die Gipfel. „Das war Wellness für die Seele. Und das Wellness für den Körper gönne ich mir jetzt im Hotel-Spa.“ Wer könnte da schon widersprechen…
Alleine dieser Ausblick entschädigt für alles. Ich finde die Bilder einfach großartig.