Vollmond und Neuschnee – eine magische Kombination für ein Winterwochenende, mit Schneeschuhen zwei Tage und abseits der Piste unterwegs. Wir haben unendlich Glück, die Temperaturen sind winterlich, der Neuschnee glitzert wie im Märchen. Keine Kulisse könnte schöner sein als der Naturpark Nagelfluhkette. Wir befestigen unsere Schneeschuhe und machen uns auf in ein anstrengendes, aber auch wohltuendes Wochenende.
Start ist am Parkplatz der Alpsee Bergwelt und wir starten morgens bei eisiger Kälte. Die Schneeschuhe sind noch gewöhnungsbedürftig, wir konzentrieren uns, finden unseren eigenen Rhythmus, hören den Schnee unter den Schuhen, fühlen die Kälte und die spüren Anstrengung. Nach rund 1,5 Stunden haben wir die erste Hütte, die Bärenfalle erreicht – damit auch die Sonne. „Tief durchatmen und das grandiose Bergpanorama genießen“, ermuntert uns Wolfgang Schmid von der Bergwelt Oberstaufen. Wolfi, heute Bergführer und Skilehrer gibt uns Tipps für Bewegung im Schnee.
Christian aus Essen benötigt diese Hinweise auch dringend, denn für ihn ist es schwierig mit der Kälte, Anstrengung und Schneeschuhen zurecht zu kommen. Wolfgang aus Tübingen genießt einfach nur und interessiert sich vor allem für das Konzept des Naturpark Nagelfluhkette „Dein Freiraum. Mein Lebensraum„„. Outdooranbieter und Naturschutzverbände , sensibilisieren Schneesportler für die starken Ruhebedürfnisse der geschützten Tieren, insbesondere der Rauhfußhühner. Spezielle Karten des Alpenvereins, aber auch Flyer des Naturparks und Tafeln im Gelände verweisen auf Schutzgebiete, die nicht betreten werden dürfen. Unser Ziel ist das Kemptener Naturfreundehaus, hier wollen wir bei Peter und Renate einkehren. Das haben wir uns nach gut vier Stunden Aufstieg auch redlich verdient!
Doch noch haben wir unser Ziel nicht erreicht: Wir brechen auf zur Alpe Mittelberg, hier wollen wir übernachten.
Unglaublich: Keiner von uns will schon in die Hütte, die auf dem Sattel zwischen Steigbachtobel und Ehrenschwangertal liegt: Im Osten scheint der Vollmond, im Westen erleuchtet die untergehende Sonne die Bergwelt. Wir liefern nur unsere Rucksäcke in der Hütte ab und beschließen noch diese besondere Stimmung auszunutzen. Der Tag will nicht weichen, der Mond scheint seine Kräfte mit der Sonne messen zu wollen. Auch wird´s nicht kalt, was den Wechsel zwischen Tag und Nacht ausmacht. Es sind keine Wolken am Himmel. Die Fotografen unter uns versuchen diese Stimmung einzufangen. Ich nicht, ich bleibe immer wieder staunend stehen – und genieße.
Auf dem Weg zum Stuiben bläst der kalte Wind von Westen, so dass wir beschließen, zum Talkessel der Alpe Gund abzusteigen und unsere Schneeschuhwanderung in diese Richtung fortzuführen. Wir sind einfach sprachlos, man kann sagen ergriffen: Wie in einem extra für uns inszenierten Märchen wird der Stuiben vom Mond angestrahlt. Bergfichten werfen Schatten, unsere Silhouetten scharf in den Schnee gezeichnet. Schneekristalle funkeln wie Edelsteine. Das Tageslicht hat sich nun doch verabschiedet. Schon als Jugendliche war ich bei Vollmond unterwegs, aber eine solche Nacht habe ich noch nie erlebt. Ich fühle mich an die Vollmondnacht der 24h von Bayern erinnert, als wir rund um Füssen wanderten und der Vollmond auch hier die Kulisse erleuchtet hat. Doch ist diese Winternacht in der einsamen Bergwelt unvergleichlich. Wir alle haben das Gefühl, noch stundenlang diese mystische Welt zu erwandern. Aber irgendwann sind wir dann doch auf der Alpe Mittelberg. Umso schöner dann die Belohnung: Empfangen vom knisternden Feuer im Ofen, umfängt uns die heimelige Wärme in der Stube der Alpe Mittelberg auf 1.300 m. Wie es sich gehört gibt´s dort oben Allgäuer Soulfood: Kässpatzen mit Bergkäse, welcher im Sommer hier oben handgemacht wird.
Die Hütte ist voll von Skitourengeher, die gegen Mitternacht über den Fahrweg durchs Steigbachtobel abfahren. Wir schlafen seelenruhig und tief in der Bergeinsamkeit. Im Morgengrauen, um 7 Uhr treffen wir uns zum Frühstück: Wie erhofft haben wir eine unberührte, verschneite Landschaft vor uns, denn es schneit tatsächlich. Wolfi will mit uns übers Himmelseck nach Steibis / Oberstaufen wandern. Nach 11 Jahren in Russland, wo er im Frühjahr als Guide und Veranstalter Heli-Skiing anbot, schätzt er heute umso mehr seine Heimat und die Nachhaltigkeit. Heute begegnen wir keinem einzigen Menschen. Wir sehen nur Spuren im verschneiten Wald. Der Himmel macht gegen Mittag auf, gibt den Blick auf die Nagelfluhkette wieder frei.
Nach rund sieben Stunden Wanderung erreichen wir unser Ziel im Tal, die letzten Meter zum Parkhotel Lindner legen wir im Auto zurück. Und freuen uns, die Winterklamotten ausziehen zu können. Und ab ins Wasser und in den SPA des Hotels. Alpenwellness Allgäu vom Feinsten: Wir durften die sonnige Bergwelt genießen, die besondere Stimmung der Vollmondnacht, dann erneut wieder Bewegung im Schnee und nun einfach nur relaxen! Grandios, ein schöneres Wochenende haben wir selten erlebt, da sind wir uns alle einig.