Hochvogel, das Matterhorn der Allgäuer Alpen
Hochvogel – das Matterhorn des Allgäus: ein großer Name für einen Allgäuer Berg (2.592 m) . Aber dank seiner Alleinlage im Osten der Allgäuer Hochalpen wirkt er so massiv, obwohl andere Allgäuer Gipfel höher sind. Wir wollen ihn besteigen und schauen, wie groß der Gipfelabriss ist. Vor ein paar Jahren bewegte sich der Gipfel, immer wieder wurden Felsabstürze verzeichnet und es entstand letztlich eine riesige Kluft im Gipfel, nur 2 m breit, aber rund 100 m tief. Die Tiroler Landesregierung schloss daraufhin den Bäumenheimer Weg. Vom Allgäu aus ist er aber noch normal zu besteigen. Wir starten morgens ab Hinterstein und nehmen den Bus zum Giebelhaus, der stündlich ab 7.15 Uhr fährt. Dort scheint – egal ob Sommer oder Winter – die Giebelhauskatze die Besucher zu begrüßen.
Über das Bärgündeletal geht´s Richtung Gipfel. Der Aufstieg ist einfach, verläuft im Schatten durch den Tobel und zur Einkehr bietet sich die Bärgündele-Alpe an. Die diversen Wanderrouten und Wanderwege sind gut ausgeschildert, die Hütte ist nach gut einer Stunde erreicht.
Auch die Schumpen suchen den Schatten. Abseits des gut ausgeschilderten Wanderwege findet man eine reiche Allgäuer Flora, wie hier die Türkenbundlilie. Auf dem Weg treffen wir mehrfach auf den Alpenmolch, Alpenrosen, Lilien und die richtig allgäublauen Schusternägele.
Geschafft: Nach rund zwei Stunden ab Giebelhaus haben wir das DAV Prinzluitpold Haus erreicht. Hier schmeckt das Radler, und auch der Blick hinab tut gut. Die erste Hälfte des Aufstiegs ist geschafft.
Es ist Mittag und wir nehmen die Wanderung bzw Kletterei zum Gipfel in Angriff. Vorher haben wir unser Zimmer bezogen, welches wir übers Internet schon gebucht haben. So gesehen sind wir mit wenig Gepäck unterwegs: Unseren Flüssigkeitsbedarf decken wir auf bei der Einkehr auf der Hütte (Bärgündele, Prinz Luitpoldhaus), wo man natürlich auch essen kann. Das große Gepäck lassen wir im DAV-Haus. Dann geht´s mit leichtem Rucksack hinauf zum Gipfel.
Nach rund zwei Stunden über Schneefeld und gesicherten Steigen haben wir den Gipfel erreicht. Und sind verwundert: Dieser beliebte Gipfel gehört uns um 14 Uhr ganz alleine!
Wir genießen diesen Gipfelplatz, haben Zeit uns in alle Himmelsrichtungen ausreichend zu orientieren. Dazu haben wir extra das Foto-Gipfelbuch von Gerald Schwab mitgenommen. Auf dem Plateau unterhalb des Gipfelkreuzes sind mehrere kleine Steinwände aufgeschichtet . Sie sind wohl von den Biwakierern errichtet wordenund bieten Windschutz.
Weil der Hochvogel im Ostteil der Allgäuer Alpen so ziemlich alleine steht, die nächsten Gipfel einige Hundert Meter weiter, wirkt er massiver und mächtiger als so manche andere Allgäuer Gipfel, die höher sind. Und man hat diese fantastische Rundumsicht.
Die Alpendohle hofft auf eine Brotzeit. Da hat sie leider Pech gehabt, weil wir im Prinz Luitpoldhaus gegessen hatten. Bleibt ihr nur noch ein wenig von unserem Obst. Das mag sie aber auch.
Hier sieht man ganz gut die Kluft, die sich aufgetan hat. Warnhinweise warnen vor Klettern und Betreten, es droht Lebensgefahr. Sonst kennt man Felsbewegungen eher durch Murenabgänge wenn Geröll abgeht. Aber solche Abgründe im Gipfelbereich habe ich bisher noch nicht gesehen.
Trotz des Sommers finden sich am Hochvogel immer Schneefelder, der einzige Grund warum ich meine Stöcke dabei habe!
Eine geführte Gruppe Bergsteiger sind auch auf der Hütte; abends musiziert der Bergführer draußen. Es ist eine unglaublich friedliche Stimmung hier oben auf dem Berg.
Am nächsten Tag der Wetterumschwung: Statt Sonne pur Regen. Wir warten bis kurz vor halb zehn, dann ist es trocken und wir wandern in nördliche Richtung auf dem Fernwanderweg Via Alpina zurück nach Hinterstein.
Der Blick zurück lohnt sich immer wieder. Der Hochvogel, ein unübersehbarer Berg, beherrscht die Szenerie. Und doch ist er aus der Ferne oftmals nicht vom Norden zu sehen, da Bergzüge sich vor ihm erstrecken.
Aber nicht nur der Blick in die Ferne überzeugt: Auf den Pfaden der Via Alpina wird man auch anderweitig überrascht. Es müssen wohl Gamsknochen sein, die nach einem Lawinenabgang die Reste der Gams freigeben. Wir sind mitten im NSG Allgäuer Hochalpen, im Winter suchen Adler und zuletzt sogar der seltene Bartgeier, der größte flugfähige Greifvogel Europas, die Allgäuer Alpen nach verendeten Tieren ab. Vielleicht sind das hier ja die Reste seiner Mahlzeit.
Am Schrecksee wollen wir Brotzeit machen. Wir sind mittlerweile rund sechs Stunden auf dem Fernwanderweg Via Alpina unterwegs und sind noch keinem Menschen begegnet. Dafür haben wir Gemsen und Murmeltiere gehört und gesehen, ebenso junge Rauhfußhühner. Sie hört man zuerst, es ist wirklich ein ähnliches Gackern und Gluckern wie bei gewöhnlichen Hühnern zu hören.
Es wird immer kühler, es beginnt sogar zu tröpfeln und wir beeilen uns, zurück ins Tal zu kommen. Wir überlegen noch ob über die Willersalpe, wie wir es eigentlich geplant hatten, oder ob wir doch abkürzen sollen und über das Kraftwerk absteigen. Angesichts des aufziehenden Regens entscheiden wir uns für letztere Variante und erreichen Hinterstein – ohne dass wir nennenswert nass geworden sind!