Allgäuer Alpenblog

Alpenwellness Allgäu: Ein Haus für Moor. Kurhotel am Reischberg

Kurhotel am Reischberg in Bad Wurzach, Allgäu. Vom Café geht der Blick in die Landschaft

Alpen… äh, was bitte? Alpenwellness? Wir wollen wissen, wie es sich anfühlt, wenn man zwischen Almen entspannt und Kräuter erlebt. Wir? Eine Fotografin und ein Autor aus Hamburg, zwei Reisejournalisten, die ihrer Sammlung an Länderpunkten einen weiteren hinzu fügen – das Allgäu. Station 24: Das Kurhotel am Reischberg lässt den Gast eintauchen in tiefere Wohlfühlschichten…

Ein Hotelportrait von Susanne Baade (Fotos) und Dirk Lehmann (Text)

Mit seinem großzügigen Vitalium bietet das Hotel am Reischberg viel Wohlfühlraum

 

„Haben Sie einen ‚Moorführerschein‘?“, fragt der Bademeister am Eingang zur neu gemachten Abteilung im Kurhotel am Reischberg und lacht. Dabei amüsiert er sich eher über die Formulierung, denn es gibt natürlich keinen Moorführerschein. Und doch muss der Gast, der in einen der Holzzuber steigen will, der mit dem dunklen Brei gefüllt wird, eine Lizenz zum Wohlgefühl vorzeigen. Vor dem Bad steht der Check. Eine Ärztin prüft Herz, Kreislauf und Blutdruck. Erst dann öffnet sich die letzte Tür.

 

„Ich genieße den Moment, ich schließe die Augen, schwebe davon“

 

Wer den Medizin-Check absolviert hat, bekommt Einlass in die besondere Welt der Moorheilbäder. Es gibt Menschen, die das inbrünstig lieben. Wir treffen zwei Damen, perfekt frisiert und manükiert, in weißen Filzslippern und strahlenden Bademänteln. Die beiden erzählen uns, dass sie bereits seit vielen Jahren herkommen würden. Die neuen Moorbäder seien schön. „Aber“, so sagt die eine nun, „das Ambiente ist mir gar nicht so wichtig. Ich genieße den Moment, ich schließe die Augen, schwebe regelrecht davon – und ich finde es richtig schade, wenn die 20 Minuten viel zu schnell vorbei sind.“

 

Kurhotel am Reischberg: Frühstücksraum und Behandlungszimmer…

…die Therme mit beheizten Außenbecken und eine Ärztin für den Moor-Check…

…aus dem Zuber mit dem wohltuend aufbereiteten Torf geht der Blick aufs Ried

 

Das Kurhotel am Reischberg gehört zu einem größeren Komplex auf einem Hügel über Bad Wurzach. Die Architektur kann ihre Herkunft aus den 1970er Jahren nicht leugnen. Seinerzeit war der Bedarf an Mooranwendungen so groß, dass dieses neue Kurmittelhaus gebaut werden musste, man hat es später noch um die Vitalium-Therme und das Wohlfühlhaus ergänzt. Und so empfängt das Hotel seine Gäste mit viel Selbstbewusstsein. Mag auch die Einrichtung einen gewissen Retro-Charme haben, das Kurhotel besticht durch zeitgemäße ärztliche Kompetenz und medizinische Einrichtungen. Es gibt ein großes Hallenbad mit diversen Pools, Saunen und eine Moor-Welt, die ihresgleichen sucht.

 

Eine Fototapete zeigt das Wurzacher Ried, ein in Europa einzigartiges Hochmoor

 

Das Moorbad nehmen wir in einem der neuen Wohlfühlräume. Er ist wie ein Separee gestaltet, mit Umkleideraum, Dusche, zwei Betten und einem großen hellen Bade-Zimmer, in dem der Zuber steht. Im Hintergrund zeigt eine Fototapete das Wurzacher Ried, eine einzigartige Hochmoorfläche. Sie liegt in unmittelbarer Nähe zum Hotel. Man kann mit einer kleinen Bahn eine Zeitreise in den einstigen Tagebau unternehmen. Doch der Torf, der im Kurhotel für die Gäste aufbereitet wird, kommt aus einem anderen Teil Deutschlands – das Wurzacher Ried steht unter Naturschutz und darf nicht mehr abgebaut werden.

 

Schematisch scheint ein Moorbad kein Hexenwerk…

…in der Praxis ist es durchaus aufwändig, der Moor-Meister muss sauber arbeiten…

…damit der Bademeister seinen Gästen eine schöne Packung machen kann

 

Ein Moorbad ist eine Wohltat für Haut und Gelenke. Die Wärme regt den Stoffwechsel an, der Auftrieb macht jeden zum Leichtgewicht, und die hohe Dichte sorgt dafür, dass die Hitze nicht verpuffen kann, sie wirkt auf den Körper, gefühlt intensiver als ein Saunagang. Nach 20 Minuten im Zuber muss der Anfänger raus, es wird sonst zu heiß. Danach fühlt man sich wie ein Astronaut nach der Rückkehr aus der Schwerelosigkeit in die unerbittliche Welt der Erdatmosphäre – und hat das unbedingte Bedürfnis sich ausruhen zu müssen. Der Bademeister sprüht das Moor vom Leib und schlägt den Gast schließlich in Handtücher und Decken ein. „Meistens ist man nach kurzer Zeit eingeschlafen. Wir wecken Sie nach spätestens einer halben Stunde.“

 

Das Moor wird gemahlen, erwärmt und durch Rohre in die Wannen gepumpt

 

Doch wie kommt das Moor ins Haus? Es wird aus Süddeutschland per Lastwagen ins Kurmittelhaus gebracht. Da erfolgt eine gründliche Reinigung, man sortiert etwa größere Äste aus. Das Moor wird gemahlen und erwärmt und durch voluminöse Rohre in die Wannen gepumpt. Wir schlendern durch einen großen Saal mit mehreren kleineren Kabinen. Hier verabreicht man die Bäder mit weniger Aufwand und weniger Stil. Und es gibt viele Gäste, die diese Einfachheit mögen. Auch die beiden Damen treffen wir hier wieder. „Na“, fragt die eine, „Sie kommen wohl auch schon nicht mehr los, oder?“ Die andere fügt hinzu: „Sie werden merken – das Moor macht fast süchtig…“

 

 

Am Abend leuchtet das Kurhotel am Reischberg über Bad Wurzach

 

Kurhotel am Reischberg. Die Architektur ist eigenwillig, die Anwendungen sind zeitlos.

Bad Wurzach. Die drittgrößte Gemeinde Baden-Württembergs und ein einzigartiger Naturraum.

Alpenwellness Allgäu. Das Moor, das macht was mit einem – Wohlgefühl und Achtsamkeit.

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