Allgäuer Alpenblog

Achtung! Wie ein Pyromane ein Wellnesshotel in den Allgäuer Alpen führt

Hotels sind die Spiegel ihrer Besitzer. Wer sein Haus in einer solchen Lage eingebettet zwischen Bergen, Wiesen und Wäldern hat, muss das Allgäu und seine Landschaft lieben.

Aber nicht nur der Gesamteindruck erzählt etwas über die Besitzer, sondern vor allem die Details – und die haben es im Hotel Oberstdorf oberhalb des gleichnamigen Ortes in sich. Auf der Internetseite verspricht das Haus ein Feelgood-Hotel zu sein, was sicher an Sebastian Reisigl selbst liegt.

Wir sind hier nicht in einer Pizzeria, sondern in den Gasträumen und wer da Brot macht, ist der Hoteldirektor persönlich. Im benachbarten Tirol in einfachen Verhältnissen aufgewachsen, fühlt sich Reisigl selbst als Europäer und versucht all das im Haus umzusetzen, was ihm selbst ein „Wohlgefühl“ schenkt. Und dazu gehört unter anderem Brot backen. Warum macht er das bloß?

 

Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt – inspiriert von Pippi Langstrumpf

Als er der gelernte Bäcker und Restaurantfachmann den ehemaligen Gasthof zusammen mit seinem Bruder Anfang 2000 erwarb, war dieser völlig runtergekommen. In viel Eigenarbeit und mit Unterstützung von Familie und Freunden renovierten sie das Haus und starteten die Vermietung von 26 Zimmern – mit wenig Erfolg.

2004 wagten die Brüder das große Experiment und setzten alles auf eine Karte: Aus dem sternelosen Betrieb machten sie ein 4-Sterne superior-Hotel, stockten auf über 100 Zimmer auf und schufen mit wohligen Ecken zum Reden, Lachen und Genießen Wohnzimmer-Atmosphäre. Die offenen Kamine nicht zu vergessen, die sind bei Sebastian Reisigl fast so lebensnotwendig wie die Luft zum Atmen.

Damit handelten die Brüder ganz nach Pippi Langstrumpfs Motto, die neben Alice im Wunderland eine von Reisigls Vorbildern ist: Das haben wir noch nie ausprobiert, also geht es sicher gut!“ Woher das Urvertrauen? Obwohl wir sehr bescheiden gelebt haben, hat unsere Mutter immer wieder zu uns gesagt, dass wir alles schaffen können.“

Der 1500 Quadratmeter große Wellnessbereich war der letzte große Umbau. Das meiste Holz darin stammt von einem alten Bauernhof aus Familienbesitz in Tirol, der nicht mehr bewirtschaftet wurde und dessen Geschichte hier eine Würdigung bekommen hat.

Dass es im Hotel die unterschiedlichsten Möglichkeiten gibt, sich aufzuwärmen, versteht sich bei Reisigl, der sich als Pyromane“ bezeichnet, von selbst. Neben der Brotsauna, strahlt auch die Zirbenholzsauna eine wohlige Wärme aus.

Dass Sebastian Reisigl selbst das Hotel führen würde, war eigentlich nicht Teil seines (Lebens-)Plans – ursprünglich. Neben seiner Grundleidenschaft für den Bäckerberuf, hat er auch eine Ausbildung zum Heilpraktiker absolviert. Weniger zum Heilen, sondern vielmehr, um das Wohlgefühl bei den Menschen zu heben.“ Das verwirklicht er jetzt eben im Hotelbetrieb.

Ihn begeistern Menschen und ihre Unterschiedlichkeit. Jeden Tag freut er sich auf seine Mitarbeiter, schon beim Aufwachen, wie er sagt. So stellt er auch Azubis ein, die es woanders schwierig hätten, einen Platz zu bekommen. Er glaubt daran, dass in jedem großes Entwicklungspotential steckt – und versucht es hervorzulocken.

Gepresste Blütenwiesen als Dämpfung: Mit dem Raum der Stille hat sich der Hoteldirektor ein weiteres Herzensprojekt erfüllt.

Keine Zeitschrift, keine Äpfel – und tatsächlich auch keine Brotstücke: Hier soll nichts ablenken, damit unsere größte Quelle, die Stille, wieder unsere Inspiration und Kreativität nähren kann“, meint Reisigl.

Bei den vielen Ideen und Projekten die Sebastian Reisigl hat, braucht auch er seine kleine Auszeiten, in denen er nachdenken und -spüren kann. Und so setzt er sich selbst gern in seinen Raum der Stille – und entdeckt immer wieder neue  Details beim Blick in die Allgäuer Landschaft.

So tiefenentspannt brauchen die Gäste dann nach Stille, Natur und Wellness ein paar Kräuter aus dem Hausbeet, wie dieses hier, um vor der Abreise wieder wach zu werden.

Text, Fotografie & Film: Ingrid Yasha Rösner, musenkuss & funkenflug, Nesselwang

Videoschnitt: Bernd Martin, martinmedia Kempten

 

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