Die Corona-Pandemie erfasst auch Allgäuer Spitzensportler. Während Bedenken im Umlauf sind, ob die Nordische Ski WM 2021 in Oberstdorf überhaupt stattfinden kann, ist Markenbotschafter Johannes Rydzek sehr zuversichtlich. In den vergangenen Wochen waren Sportler in ihrem Training sehr eingeschränkt. Wohl dem, der anstelle im Ausland in seiner Heimat, in den Allgäuer Alpen trainieren kann. Traurig ist indes, dass er seine kirchliche Trauung verschieben musste. Mehr dazu im Interview, das Jens Zimmermann mit ihm führt:
Johannes Rydzek macht sich keine Gedanken über eine WM-Absage. Kirchliche Trauung auf Juni 2021 verschoben
Oberstdorf/Stuttgart. 281 Tage vor dem geplanten Beginn der Nordischen Ski-WM in seiner Heimat Oberstdorf, macht sich der zweifache Olympiasieger und sechsfache Weltmeister in der Nordischen Kombination, Johannes Rydzek (28), keine Gedanken über eine WM-Absage. Seine Trauung wurde zwar um ein Jahr verschoben, auf die WM bereitet er sich aber fokussiert vor, trotz Corona-Einschränkungen. Nicht nur die Sommersportler, auch die Athletinnen und Athleten, die sich seit einigen Wochen auf die kommende Wintersaison vorbereiten, sind von den Einschränkungen durch die Pandemie betroffen. Wie sich Johannes Rydzek vom Skiclub Oberstdorf auf die neue Saison vorbereitet und mit welchen Problemen er dabei zu kämpfen hat, er uns im nachfolgenden Interview erklärt.
Servus Johannes, wie ist das Leben im Allgäu während der Corona-Krise?
Für mich jetzt persönlich nicht allzu anders als bei den anderen. Die Einschränkungen betreffen mich selbstverständlich auch. Leider ist die harte Phase des Lockdowns gerade in die Zeit nach der Saison gefallen, wo sonst viel Raum für die Familie und Freunde ist. Das haben wir jetzt eben anders und an die Situation angepasst gestaltet, konnten die Zeit aber trotzdem genießen . Ich lebe im Allgäu in einer Region – und das ist mir nochmal viel bewusster geworden – die einfach herrlich und wunderschön ist, und dafür bin ich sehr dankbar. Das Wetter im April war sagenhaft, so konnte ich die Natur genießen. Außerdem habe ich mich in Ruhe auf meine Bachelorarbeit konzentriert, die ich Ende Mai abgeben werde.
Privat hatte die Pandemie leider Auswirkungen für Dich und Deine Frau Lissi. Eure kirchliche Trauung musste verschoben werden. Standesamtlich habt ihr ja schon letztes Jahr geheiratet. Wie geht ihr damit um?
Dadurch, dass die Trauung Anfang Juni geplant war , haben wir diese nun erst einmal um ein Jahr auf 2021 verschoben. Obwohl wir bis jetzt aufgrund der zu erwartenden Entscheidung noch nicht übermäßig Zeit und Energie in die Vorbereitungen investiert haben, ist das selbstverständlich ärgerlich. Es ist meiner Frau und mir aber einfach wichtig, eine schöne Feier mit der Familie und unseren Freunden zu haben. Jetzt müssen wir uns eben noch ein wenig gedulden.
Du befindest dich gerade in einem frühen Stadium der Saisonvorbereitung. Wie sieht dein Training aktuell aus?
Anfang Mai ging es wieder richtig los. Zurzeit werden bei uns die Grundlagen im Kraftbereich gelegt. Wir haben aus der letzten Saison gelernt , deshalb liegt darauf aktuell der Fokus. Gerade das Kraftpotenzial, die einzelnen Muskelgruppen und die Ausdauer zu trainieren ist immens wichtig, bevor es dann das erste Mal auf die Schanze geht.
Erlebst du gerade irgendwelche Einschränkungen während der Einheiten?
Wenige. Seitdem wir wieder mit dem Krafttraining begonnen haben, dürfen wir auch unter Auflagen den Kraftraum im Olympiastützpunkt nutzen. Bedeutet, dass eben Hygienevorschriften eingehalten müssen, und nur eine bestimmte Anzahl an Leuten dort anwesend sein dürfen. Zudem teilen wir uns die Räumlichkeiten mit den Skispringern, aber auch da konnten wir einen guten Plan aufstellen, damit jeder auf seine Trainingszeiten kommt. Ein paar Einheiten kann man dann entweder nur allein oder zu zweit machen. Das sind eigentlich so die einzigen Einschränkungen.
Interessanter wird es dann, wenn es wieder auf die Schanze geht. Dabei spielt Corona eine Nebenrolle, weil in Oberstdorf die Schanzen noch nicht fertig für das Sommertraining sind. Die nächstmögliche, benutzbare Schanze wäre in Deutschland dann in Oberhof weil Hinterzarten auch noch nicht geht. Dafür müssten wir dann echt weit fahren, und eben auch schauen, ob das dann mit den Übernachtungen funktioniert. Sicher wird es noch bis Juni dauern, bis wir dann springen können, dennoch ist es mit dem Blick auf die bevorstehende Heim-WM nicht optimal. Trotzdem will ich mich allzu sehr beschweren, denn man muss die Situation jetzt einfach so annehmen, und das Beste daraus machen.
Inwieweit bestand denn Kontakt zu den Teamkameraden vom Stützpunkt und wie kannst du aktuell mit deinen Trainingskollegen in Oberstdorf trainieren?
Wir sind schon im regen Kontaktaustausch über die ganzen Videochatprogramme und auf WhatsApp haben wir auch eine gemeinsame Gruppe. Da tauschen wir uns schon sowieso immer über
die Laufzeiten aus. Da wir eh nur eine Trainingsgruppe von vier Leuten sind, und man ja jetzt jeweils zu zweit auch in den Kraftraum darf, ist das völlig in Ordnung.
Im Februar nächsten Jahres findet in Oberstdorf die nordische Ski-Weltmeisterschaft statt. Machst du dir aktuell Sorgen, ob die WM wie geplant, stattfinden kann?
Natürlich hat man das im Hinterkopf, ob es da Probleme geben könnte, aber ich mache mir keine Gedanken über eine Absage oder Verschiebung der WM. Dafür ist die Entwicklung der Covid Krise zu dynamisch, und außerdem gibt es da so viele Leute, die unterschiedliche Prognosen aufstellen. Da lasse ich mich nicht verrückt machen. Ich trainiere so, als würde sie stattfinden, und fokussiere mich auf meine Leistung und darauf, den Knoten wieder beim Springen zu lösen. Ich interpretiere da nichts rein, was man jetzt auch noch nicht absehen kann. Letztlich hoffe ich einfach, dass die Medizin Corona im kommenden Winter im Griff hat und Oberstdorf im Februar 2021 hoffentlich ein fröhliches Skifest feiert.
Wie oft kreisen Dir denn schon die Gedanken an die Heim-WM durch den Kopf?
Ich weiß, dass es noch ein Stück hin ist und ich außerdem noch intensiv an mir arbeiten muss, um im bei der WM in Topform zu sein. Diese Aufgabe gilt es jetzt erst einmal zu meistern . Ich
spiele mir da keine Szenarien in meinem Kopf durch. Aber klar, die Heim-WM ist auf jeden Fall ein großes Ziel von mir.