Erntefrische, unverarbeitete Lebensmittel direkt vom Hof – das steckt hinter dem Konzept der Direktvermarktung. Neben Hofladen, Wochenmarkt, Vertrauenskasse und Co. gibt es aber auch immer neuere Wege im Allgäu, bäuerliche Produkte kaufen zu können. Wie z.B. über regionale Automaten, an denen man 24/7 flexibel regionale Produkte beziehen kann. Einen solchen besonderen Automaten gibt es im Unterallgäu: Den Forell-O-Mat.
Frischer Fisch ist schwer zu bekommen. Vor allem dann, wenn er hochwertig, regional und erschwinglich sein soll. Nicht unbedingt! In Salgen im Unterallgäu gibt es zum Beispiel ein besonderes Angebot. Vor den Toren ihrer Fischzucht hat Familie Simon einen Automaten aufgestellt – als Ergänzung zum Hofladen. Der „Forell-O-Mat“ ist der erste seiner Art in Bayern. Er ist 24 Stunden eingeschaltet, sieben Tage die Woche. Er hält frische und geräucherte Filets von Forelle, Lachsforelle und Saibling bereit. Einen Grund für deren besonders feinen Geschmack ahnt man bereits, wenn man die Auffahrt zur Weiheranlage hinauffährt – wir durften die Fischzucht besuchen.
Transparenz schon von der Bundesstraße aus
Wer auf der B16 von Mindelheim nach Pfaffenhausen oder zurückfährt, kann die glitzernden Weiher nahe der Straße nicht übersehen. Die gepflegten Grünflächen, die gestutzten Sträucher und die meterhohen Wasserfontänen lassen für einen Moment vermuten, dass es sich hier um einen Park oder eine Golfanlage handelt. Doch wer genauer hinsieht, entdeckt bald den großen Holzfisch neben der Auffahrt. Und ein Schild mit der Aufschrift: „Hofladen Simon – Forellenzucht“. Denn tatsächlich werden auf dem insgesamt 5 Hektar großen Areal im Örtchen Hausen keine Golfbälle geschlagen. Nein. Hier leben zehntausende Fische – und eine Familie, die sie mit viel Leidenschaft züchtet.
Gleich hinter dem Schild und noch vor dem großen Zufahrtstor, steht links im Kies ein kleines Häuschen. Darin: Der „Forell-O-Mat“ – rund um die Uhr geöffnet und täglich frisch bestückt mit Fisch, direkt vom Erzeuger. „Das kommt gut an“, resümiert Inhaber Walter Simon nach zwei Jahren Direktvermarktung per Automat. „Die Leute sind nic ht an unsere Laden-Öffnungszeiten gebunden und können jederzeit kommen. Auch dann, wenn am Wochenende mal spontan gegrillt wird.“ Und manche Leute schätzen auch den anonymen Einkauf, glaubt Ehefrau Birgit Simon.
Nicht jeder lege Wert auf eine Beratung. Manche wissen bereits genau, was sie wollen und möchten ihren Einkauf zügig über die Bühne bringen. Andere lassen sich Zeit, sehen die Produkte im Fenster des Kühlautomaten mehrmals durch und wählen dann unbeeinflusst. Für beide Kundentypen ist der Automat ideal, wissen die Simons.
Forelle und Saibling – ganz, filetiert oder fertig zu Grillen: das ist das Angebot am „Forell-O-Mat“ in Salgen.
Frisches Quellwasser sorgt für optimale Zuchtbedingungen
Einen Eindruck von der Zuchtanlage gewinnt man auch draußen am „Forell-O-Mat“. Die größten Weiher beginnen gleich hinterm Zaun. Das blaugrüne Wasser liegt durch die Fontänen in sanften Wellen, die im Sonnenlicht glitzern. Die Becken sind sauber mit Steinen eingefasst und von Grasstreifen und hohen Bäumen umrahmt. Eine friedliche Kulisse, die von leisem Geplätscher untermalt wird. „Genauso ordentlich wie wir den Kundenbereich gestalten, arbeiten wir auch in der Zucht“, verspricht Walter Simon.
Diese funktioniert so: Basis für seine erfolgreiche Fischzucht ist das reine, frische Wasser aus der Quelle, die wenige hundert Meter entfernt entspringt, erklärt der Fischwirt. Das Wasser läuft am südlichen Ende des Betriebs in die ersten Becken. Von dort wird das Wasser über ein Rohrleitungssystem immer weiter, von einem Weiher in den nächsten gepumpt, bevor es am nördlichen Ende gefiltert und hinausgeleitet wird.
Fische bekommen ausreichend Zeit zum Wachsen
„Die jüngsten Fische bekommen das frische Quellwasser“, erklärt Sohn Daniel Simon, ebenfalls gelernter Fischwirt. „Je älter die Tiere werden, desto robuster sind sie. Dann mögen sie auch trüberes Wasser.“ Es ist also so: Nicht nur das Wasser wandert durch die Anlage, sondern auch die Fische gelangen im Laufe ihres Aufenthalts in Hausen vom kleinsten bis in den größten Weiher. Das geschieht über Schleusen unter Wasser. Immerhin nimmt eine Gruppe Forellen oder Saiblinge auch schnell ordentlich an Größe zu – entsprechend mehr Platz braucht sie. Vom winzigen Ei bis zum fertigen Speisefisch vergehen bei den Simons mindestens 18 bis 20 Monate. „Wir lassen unseren Fischen viel Zeit zum Wachsen.“ Dadurch wird das Fleisch schön fest.
Auf dem Familienbetrieb arbeiten die Simons eng zusammen – Vater und Sohn sind gelernte Fischwirte und prüfen regelmäßig Größe und Zustand ihrer Tiere.
Der Züchter steht an einem der größten Weiher neben der Einfahrt und blickt mit Sohn Daniel auf das Wasser. Die Fische sausen blitzschnell durch das Becken. „Saiblinge und Bachforellen sind sehr scheu“, erklärt Walter Simon. „Regenbogenforellen dagegen sind neugierig und immer hungrig.“ Mit einer schnellen Handbewegung wirft Daniel Simon etwas Fischfutter auf das Wasser in Ufernähe. Binnen Zehntelsekunden rauschen die Forellen in Richtung Oberfläche. Jede will einen Bissen abhaben vom späten Frühstück.
Daniel Simon taucht den großen Kescher tief ins blubbernde Wasser. Ruhig, aber mit strenger Miene und ebenso angespannten Armen, führt er das Hilfsmittel von rechts nach links und schließlich zur Oberfläche. Bald taucht das triefende Fangnetz auf. Darin: Bestimmt 20 Forellen. „Die sind jetzt 400 bis 500 Gramm schwer“, sagt Walter Simon. „Damit sind sie für uns ausgewachsen.“ Schnell lässt Daniel das zappelnde Netz ins Wasser sinken, die Fische eilen zurück in die Freiheit. Vorerst.
Hofladen und Automat ergänzen sich gut
Geschlachtet wird beinahe täglich, je nach Bedarf, erklärt Walter Simon. „Sobald meine Frau sagt, sie braucht Nachschub, reagieren wir.“ Birgit Simon kümmert sich hauptsächlich um den Hofladen. Der ist von Mittwoch bis Samstag immer vormittags von 8 bis 12 Uhr geöffnet. Zusammen mit Sohn Daniel prüft und befüllt sie außerdem täglich den beliebten „Forell-O-Mat“. Das Sortiment: Forelle, Lachsforelle und Saibling – als ganzer Fisch oder Filet, naturbelassen oder mariniert oder aufgespießt mit Gemüse für den Grill.
Jeden Montag räuchert Daniel Simon etwa 150 Fische im Ofen, bevor er sie zerlegt und filetiert.
Und immer montags wird geräuchert. Los geht es dann um 6 Uhr morgens, der Räucherofen wird auf etwa 60 Grad geheizt, Daniel Simon und Mutter Birgit nehmen die Forellen und Saiblinge aus. Dann werden die Fische an Haken und in mehreren Etagen an ein Gerüst gehängt, dass die Fischzüchter für zwei Stunden in den Ofen schieben. Der feine Räucherduft gelangt bis vor zur Bundesstraße. „Wenn die Fische wieder herauskommen, haben sie eine tolle, orange-rosa Farbe“, sagt Daniel Simon. „Und ein würziges Aroma.“
Der junge Fischwirt greift sich einen der steifen Räucherfische, zieht ihm den Haken aus dem Maul und greift zur Schere. Schwanz, Rückenflosse und Kopf werden damit abgetrennt. Dann schneidet Daniel Simon den Fisch mit dem Messer auf und entfernt die Gräten – zuerst die groben, dann die feinen. Zerteilen und fertig. „Die Leute wollen fast nur noch Filet“, erklärt Birgit Simon, die neben ihrem Sohn im Räucher- und Zerlegeraum steht und parallel die gleiche Arbeit erledigt. Angrenzend befindet sich der kleine Hofladen mit Kühltheken und -schränken.
Der Nachwuchs bleibt vorerst im „Hallenbecken“
In der anderen Hälfte des Gebäudes befindet sich das Heiligtum des Betriebs – die Aufzucht. Das wiederum ist Walter Simons Bereich. Er geht voraus. „Die Kleinen sind erst letzte Woche geschlüpft“, sagt er und öffnet die schwere Tür. Es ist klamm und finster hier drin, die Fenster sind abgedeckt, Wasser plätschert leise. Walter Simon geht auf eine der drei Wannen auf dem Tisch zu und entfernt die Abdeckung. Tausende kleinster Fische tummeln sich hier. Sobald die Tierchen mindestens 5 Gramm wiegen, ziehen sie nach draußen ins erste Becken um und beginnen ihre Reise durch die Simon’schen Weiher.
Aus einigen alten Weihern hat Familie Simon über Jahrzehnte einen gepflegten Zuchtbetrieb mit Wohnhaus und Betriebsgebäude gemacht.
Die Entstehung der Fischteiche ist übrigens unbekannt. „Wahrscheinlich hat sie mit dem Kloster Lohhof dort drüben zu tun“, erklärt Walter Simon und deutet in Richtung Süden, wo auch die Quelle entspringt. Jedenfalls: 1964 hat Walter Simons Vater, der auf einer Finnland-Reise ein Faible für Fisch entwickelte, die Teiche gepachtet und fünf Jahre später gekauft. Vorerst aber blieb die Anlage ein Nebenerwerb. Selbst als Walter Simon übernahm und mit Frau Birgit das Wohnhaus zu den Teichen baute, blieb das so.
Vom Verkaufsautomaten riet den Simons jeder ab
„Ursprünglich haben wir mit Lebensmitteln gar nichts zu tun gehabt.“ Der Fischzüchter hat ausschließlich Angelvereine und Genossenschaften mit lebendigen Fischen beliefert. Oder auf Auftrag Gewässer mit Forellen und Saiblingen besetzt, um den Bestand zu stärken. Vor knapp 25 Jahren kam die Idee, das hochwertige Produkt auch als Speisefisch zu verkaufen – einfach über den Tisch mit offener Kasse und viel Vertrauen. Mit Erfolg. Schnell sprachen sich Qualität und Geschmack in der Region herum.
Und als Walter Simon vor wenigen Jahren einen Verkaufsautomaten bei einem anderen Direktvermarkter entdeckt, will auch er auch so einen – obwohl ihm von mehreren Seiten abgeraten wird. Immerhin habe er ja „nur“ ein Produkt. Der Fisch habe zu wenig Anziehungskraft für die Kunden. Die Simons haben sich nicht beirren lassen und freuen sich heute über viele Fans des „Forell-O-Mat“. Und die nächsten Schritte sind geplant: separate Räume fürs Schlachten, Zerlegen und Räuchern. Sohn Daniel soll einen zukunftsfähigen Direktvermarktungs-Betrieb übernehmen.
Text: Resi – Marketing für Landwirte
Bilder: Florian Raab