Wildcampen im Allgäu oder “Der Traum vom 1000-Sterne-Hotel”
Freitagnachmittag, Laptop zu, schnell ein paar Sachen in den Rucksack werfen. Schlafsack, Proviant und Wanderschuhe in den Kofferraum und los geht die wilde Fahrt. Einfach mal wieder abschalten. Alles auf PAUSE: Dem Alltagsstress entkommen, das Handy aus, offline sein und tief durchatmen. Mein kleiner Bulli führt mich von der Autobahn runter auf eine schmale kurvige Straße. Die Wiesen wirken grüner, die Kühe glücklicher und die Berge zum Greifen nah. Fröhlich summe ich zur Musik im Radio, kurbel das Fenster runter. Die Sonne kitzelt meine Nasenspitze und ich atme die frische Brise Wind ein.
Doch wo geht es eigentlich hin? Bei all dem Stress daheim hatte ich noch nicht die Zeit mir darüber Gedanken zu machen. Ein Hotel kommt nicht in Frage. Nah an der Natur sein und runterkommen kann ich da auf jeden Fall nicht. Also doch Campingplatz! Ich steuere den Nächsten an und schon von Weitem sehe ich, wie sich Wohnmobile, Wohnwagen und Campervans wie Sardinen in einer Dose, dicht an dicht drängen. Vor lauter weißer Fahrzeuge sehe ich kaum noch die Natur und richtig nah fühle ich mich ihr auch nicht. In letzter Zeit kommt es mir so vor, als ob Campingplätze immer voller und auch teurer werden.
Ist Wildcampen eine Lösung?
So habe ich mir mein Wochenende in den Bergen nicht vorgestellt. Ich mache in der Einfahrt des Platzes kehrt und biege bei der nächsten Gelegenheit rechts in den abgelegenen Feldweg ab und bleibe vor dem Waldrand stehen. Der Motor verstummt und ich genieße die Stille und Einsamkeit. Aus dem Wald höre ich das Klopfen eines Spechts, neben mir raschelt es im Gebüsch und ich genieße den wunderschönen Ausblick auf die Berge. Ach wie schön es hier doch ist, ganz nah bei der Natur und den Tieren. Ohne große Menschenmassen und laute Straßengeräusche.
Wie gerne würde ich doch einfach genau hier stehen bleiben und mein Nachtlager aufbauen. Aber das ist leider keine Option! Denn Wildcampen ist in Deutschland strikt verboten und das nicht nur in Naturschutzgebieten. In Windeseile kann man da schnell mal ein paar Geldscheine ärmer werden. Doch tatsächlich sind die Auswirkungen viel weitreichender und gehen über den eigenen Wirkungskreis hinaus.
Als Folge der steigenden Nachfrage nach naturnahen und einsamen Plätzen hat sich Wildcampen in vielen Allgäuer Gemeinden zum Trend entwickelt. So ist es scheinbar die einzige Alternative zum Campingplatz für all diejenigen, die gerne direkt in der Natur übernachten. Doch eine Lösung ist das auf keinen Fall! Vielmehr ist es für die Tier- und Pflanzenwelt ein Problem und schadet unserer Umwelt. Tiere werden in ihrem natürlichen Lebensraum gestört und vertrieben. Auch die Vermüllung ist eine der Folge von illegalem Wildcamping und schadet unserer Umwelt drastisch. Gemeinden und Grundeigentümer*innen betrifft das Ganze ebenso. Wie fändest du es, wenn plötzlich auf deinem privaten Grund ein fremdes Zelt oder ein Bulli steht?
Tatsächlich ist die Gesetzeslage zum Übernachten im Freien in Deutschland insgesamt mehr als unübersichtlich. Näheres regeln die Naturschutz- und Waldgesetze der jeweiligen Bundesländer.
In Bayern zum Beispiel gibt es hierfür das Naturschutzgesetz, welches besagt, dass man zur Erholung ohne Zustimmung die freie Natur betreten darf, allerdings nicht zum Zelten oder Abstellen eines Wohnmobils oder Campervans. Dafür braucht man erst die Zustimmung des Grundeigentümers. Auch in anderen Bundesländern gelten ähnliche Regeln. Doch woher soll man wissen, wem was gehört?
Eine Idee entsteht, die Grundbesitzer*innen und Reisende zusammenbringt
Da es uns als Naturfreunde und Outdoorsportler*innen regelmäßig in die Berge führt, liebäugelten wir schon öfters mit dem Wildcampen, sei es mit Bulli oder Zelt. Man versucht sein Gewissen mit Ausreden zu füttern: Wir würden ja niemanden stören und den Platz schließlich genauso wieder verlassen, wie wir ihn vorfinden. Doch schlussendlich wissen wir genau, dass es nicht in Ordnung und beispielsweise im Naturschutzgebiet Allgäuer Voralpen eben schlicht und einfach verboten ist. Also musste eine Lösung her: Und somit entstand die Idee von MyCabin – einer Plattform für legale Camping Spots in der Natur.
Wenn es doch so viele nicht ganzjährig genutzte Weiden, Wiesen und Scheunen gibt, weshalb schaffen wir damit nicht eine legale Alternative?
Ein paar Wochen später machten wir uns auf den Weg in die Voralpen, um mit Landwirt*innen zu reden und unsere Idee auszubauen. Wir wollten einen Weg finden Outdoor-Liebhaber*innen zu ermöglichen in der Natur zu übernachten und gleichzeitig regionale Kultur zu erleben und lokale Erzeugnisse zu genießen.
Die Nachfrage von Reisenden nach Plätzen in der Natur ist groß, die Weiden der Landwirt*innen sind weit und wir haben mit MyCabin eine Plattform geschaffen, auf der beide Parteien zusammenkommen. Besitzer*innen von nicht ganzjährig genutzten Wiesen, Pfaden, Waldstücken, Unterschlüpfen, Hütten oder Vorgärten können diese auf unserer Plattform zum Übernachten für Camper*innen und Outdoorenthusiast*innen anbieten. Diese können ihren naturnahen Schlafplatz dann direkt über MyCabin anfragen und buchen.
Wie es für MyCabin jetzt weitergeht
Unter anderem durch die Entwicklung der Corona-Pandemie in diesem Sommer, sind Reisende immer häufiger auf der Suche nach Alternativen zu Menschenansammlungen. Der Drang nach dem Freiheitsgefühl steigt und Urlaub in der Natur wird zum Massenphänomen. Wir wollen anpacken, loslegen und eine Lösung schaffen, die allen einen Mehrwert bietet. Eine Alternative gegen Massentourismus und Bauwahn. Denn unserer Meinung nach mangelt es eben nicht an Luxushotels, sondern an einfachen und naturnahen Übernachtungsmöglichkeiten.
Wir sind ein Team passionierter Berg- und Naturfreunde, die mit viel Eifer bei der Sache sind. Unsere Laptops und Kaffeemaschine laufen seit einigen Wochen auf Hochtouren, doch was uns letztendlich noch fehlt seid ihr: Naturliebhaber*innen, die Bock haben auf Veränderung, auf Schlafplätze unter dem Sternenhimmel, darauf, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und vielleicht auch Anderen die Möglichkeit zu bieten, ein Stück vom eigenen Garten zur Verfügung zu stellen.
Damit wir mit MyCabin nächstes Jahr durchstarten können, haben wir eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, die die Entwicklung der benötigten Webseite und App finanzieren soll. Gemeinsam, im Austausch mit euch wollen wir eine gemeinwohlorientierte Plattform für nachhaltiges und naturnahes Reisen aufbauen.
Ein Traum geht in Erfüllung
Manchmal muss man sich einfach trauen und Dinge, die einen stören, verändern. Wir haben den Schritt gewagt und eine Bewegung für mehr Regionalität, Nachhaltigkeit und Minimalismus beim Reisen ins Rollen gebracht.
Mit MyCabin verwirklichen wir unseren Traum vom 1000-Sterne-Hotel unter dem Sternenhimmel mit und in der Natur. Wir wollen uns nicht mehr mit einem schlechten Gewissen plagen, sondern die Seele baumeln lassen und Mutter Natur näher sein.
Seid ihr dabei?
Eine wirklich coole und nachhaltige Sache, die ich sicherlich oft nutzen werde!