Allgäuer Alpenblog

Die Schwabenkinder und das Original Braunvieh

Das Braunvieh im 19. Jahrhundert

Die Corona-Wochen verschaffen eines: Zeit. Zeit um alte Rezepte nachzukochen und Zeit zum Lesen. Ersteres war an diesem trüben Sonntag geplant – Rinderschmorbraten mit verschiedenem Wintergemüse. Wobei das Fleisch von einer alten Haustierrasse, dem Original Braunvieh stammt. Nur das Buch wollte ich mir noch heraussuchen. Und fand das passende.  Die Schwabenkinder.

Schwabenkinder, das Buch zur Ausstellung im Bauernhausmuseum Wolfegg

Das Buch, passend zur Sonntagsküche

„Die Schwabenkinder“, herausgegeben vom Bauernhaus-Museum Wolfegg, hatte ich mir einst beim Besuch der gleichnamigen  Dauer-Ausstellung 2012 gekauft. Es schildert die Arbeit von Kindern, meist im Alter von 7 bis 14 Jahren, die aus den tief verschneiten Alpenregionen Tirol und Graubünden sich im März auf den Weg machten, um im Allgäu zu arbeiten. So mussten die Eltern einen Esser weniger ernähren und die Kinder bekamen als Lohn unter anderem ein neues „Häs“. Den kargen Lohn übergaben sie nach tagelangen Fußmärschen, wenn sie endlich im November wieder in ihrer Heimat waren, ihren Eltern. Über drei Jahrhundert hinweg ist der Zug der Schwabenkinder dokumentiert.

Die Schwabenkinder -dokumentiert im Bestseller, im Film und in EU-Projekten

Elmar Bereuter hat in seinem Bestseller- Roman „Schwabenkinder“ diesen Kindern ein Gesicht gegeben. Mit Tobias Moretti und Jürgen Tarrach in den Hauptrollen, wurde das Buch verfilmt und ist ein immer noch unglaubliches tiefgehendes Zeugnis unserer Geschichte.

Außerdem hat Bereuter mehrere Wanderführer „Schwabenkinder-Wege“ verfasst. Es sind heute vergessene Wege, die es sich lohnt zu gehen. Auf der Webseite Schwabenkinder finden sich viele Details, darunter auch dass aus St. Anton oder Ischgl bis vor 100 Jahren Kinder gen Norden zum Arbeiten wanderten. Das Thema war für mich nicht neu, wurde es doch auch im Rahmen meines Studiums gelehrt. Während meiner Tätigkeit im Schwäbischen Bauernhofmuseum Illerbeuren lernte ich dann ehemalige Schwabenkinder kennen. Sie erzählten vom früheren Leben auf dem Hof: Von der schweren körperlichen Arbeit, vom kargen Essen, von der Kälte im Winter. Und von den Tieren. Ältere und schon erfahrene Hütebuben mussten die Kühe bei jeder Witterung hüten und melken.  Zu ihrer Zeit gab es nur die Rinderrasse, das Original Braunvieh.

Zu der Zeit, als die letzten Schwabenkindern bis zum zweiten Weltkrieg ins Allgäu kamen, setzte auch die Züchtung der heute gängigen Rasse ein.

Schwabenkind und Original Braunvieh

Eine vom Aussterben bedrohte Haustierrase – das Original Braunvieh

Zu Beginn der 1990er Jahre gab es keine 200 Tier mehr. Wie gut dass der er Verein Original Braunvieh diese alte Haustierrasse wieder züchten. Wie immer waren alte Haustierrassen nie auf nur eine Nutzung gezüchtet. Dazu waren Tiere zu wertvoll und man verarbeitete alles. Das Original Braunvieh liefert nicht nur Milch, sondern auch Fleisch.

Nahe Ottobeuren im Günztal, dem längsten Bachsystem Bayerns, fördert die Stiftung Günztal die Biodiversität unter anderem mit der Zucht des Original Braunviehs. Die Tiere werden schließlich bei den wenigen Landwirten direkt vermarktet. Auch sind sie meist bei ausgesuchten Gastronomen wir Frank Übelhör, die sich Slow Food verschrieben haben, besonders gefragt. Denn diese alte Haustierrasse ist aufgenommen worden in die Arche des guten Geschmacks von Slow Food aufgenommen.

Auch ich kaufe das Günztaler Weiderind. Ich halte mich beim Kochen an eine erste Regel, die der Verein dem Käufer mitgibt (*): Das Fleisch braucht Zeit! Und die gebe ich ihm gerne. Und lese derweil ein Buch. Wie in diesem Fall die Schwabenkinder. Denn sie haben einst die Tiere gehütet.

Motto und erste Regel der Zubereitung – Respekt für das Tier:

Längere Garzeiten und niedrige Temperaturen sind ein guter Weg bei der Zubereitung von hervorragendem Ochsenfleisch. Haben Sie Respekt für das Tier und nutzen Sie die längeren Kochzeiten für einen guten Schluck von Ihrem persönlichen Lieblingsgetränk oder lesen Sie ein Kapitel in einem guten Buch!

Zu finden sind Rezepte  im Kochbuch „ehrlich regional – (h)ausgemachtes kochvergnügen“ von Ralf Hörger. Oder auch im Allgäu-Kochbuch von Christian Henze.

Weitere Infos zum Original Braunvieh: https://standort.allgaeu.de/das-allgaeuer-braunvieh

Rezepte:

Traditionsbewusst  essen in allen LandZunge angehörenden Gasthöfen, wie beim Elgass in Eglofs.

Das Fleisch mit modernen Zutaten – hat meine Tochter gekocht. Und sich ebenso viel Zeit genommen, wie es wachsen und reifen durfte.

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