Mit Ostern bricht selbst im Allgäu der Frühling an. Während die letzten Skilifte noch laufen, sind im Tal schon die ersten Radler und Radlerinnen im Tal unterwegs. Zuhause wird gebacken und gebunden. Gefastet und schließlich gefeiert. Mit Bräuchen zu Ostern wie Palmboschenbinden, Palmweihe, Prozession, Osterfeuer und Osternacht.
Ostern – das Fest nach dem Frühlingsvollmond
Ostern ist die Zeit des Aufbruchs. Die Christenheit feiert die Auferstehung Jesus und die Natur erwacht zum neuen Leben. All dies passiert nicht zufällig, denn das Fest wird nach dem ersten Frühlingsvollmond bestimmt. Damit feiern wir Ostern frühestens am Sonntag nach dem 21. März und spätestens am 25. April. Wie wichtig dieses hohe Fest ist, zeigt sich an den vielen Bräuchen zu Ostern, die heute noch wie viele andere Bräuche im Allgäu lebendig sind.
Bräuche im Allgäu: der Palmsonntag
Franziska Wacker beim Erstellen des traditionellen Palmboschen im Bauernhofmuseum Illerbeuren
Der Palmsonntag ist einer der gelebten religiösen Bräuche im Allgäu und läutet als letzter Sonntag vor Ostern die Karwoche ein. Er erinnert an den Einzug Jesu in Jerusalem, der mit Palmzweigen als Fürst des Friedens und der Gerechtigkeit geehrt wurde. Auch heute noch erinnern Gläubige an diesen Brauch: Vielerorts werden sogenannte Palmen oder Palmboschen gebunden: Da es nördlich der Alpen keine Palm- und Olivenzweige gibt, behilft man sich mit anderen immergrünen Zweigen. Sie enthalten sieben verschiedene Pflanzen: Buchs, Thuja, Tanne, Fichte, Weidenkätzchen, Eibe, Wacholder.
Im Allgäu finden sich zwei Formen der Palmen: eine gotische, länglich-ovale Form so wie die barocke, eine große runde Form.
Palmebrezel – die süße Breze
Hinzu kommt die Palmbrezel, das typische Gebildebrot. In früheren Zeiten wurde es von der Tante für das Patenkind gebacken. Die Palmbrezel bestand im Gegensatz zum normalen Gebäck nicht aus Roggen-, sondern aus dem teureren Weißmehl und anstelle Salz ist die Brezel mit Zucker bestreut. Übrigens ist das bekannteste Gebildbrot die Allgäuer Seele. Ein längliches Brot aus Dinkel- und Weizenmehl, lang gereift und gebacken und aufgenommen in die Arche des gute Geschmacks von SlowFood.
Geweihte Palmkätzchen fürs Vieh
Die geweihten Palmbuschen bewahren Haus und Hof vor Schaden. Geweihte Palmkätzchen werden dem Vieh verfüttert um auch für sie den Segen zu erbitten. So findet man im Herrgottswinkel ebenso kleine Palmzweige wie die großen, barocken Buschen vor dem Haus.
Das Schwäbische Bauernhofmuseum Illerbeuren bietet übrigens jährlich Palmbuschenbinden an: Immer Palmsamstag lädt der Heimatdienst Illertal zum Mitmachen oder zuschauen ein. Selbstverständlich darf ein „Palmen“ gegen Spende erworben werden. Auch die anderen Freilichtmuseen wie das Bergbauernmuseum in Diepolz oder das Bauernhausmuseum in Wolfegg bieten Kurse an. Sie reichen von Eier färben mit Naturmaterialien, Sticken einer Auferstehungsfahne fürs Osterlamm oder eine Gründonnerstagssuppe kochen. Das ganze Jahr über finden sich Kurse über im Bräuche im Allgäu, ein Blick auf deren Seiten lohnt immer.
Die Osternacht
Kleine Osterfeuer neben der Sakristei spenden Licht. Am Feuer wird die Osterkerze entzündet, welche in die dunkle Kirche mit den dort wartenden Gläubigen getragen wird. Diese eine Flamme der Osterkerze wiederum entzündet die Kerzen aller, bis die Kirche im Kerzenlicht feierlich erstrahlt. Für diese Ostermesse werden Osterbrot und Osterlämmer gebacken und natürlich Eier gefärbt. Das mit der Auferstehungsfahne versehene, schön verzierte Osterlamm, manchmal auch ein Osterbrot, wird zusammen mit Ostereiern im Korb in die nächtliche Messe gebracht. Dort werden sie dann geweiht.
Nach der Messe ist es endlich so weit, die Fastenzeit ist vorbei! Auf diesen Moment haben wir in der Familie gewartet: Noch in der Nacht wird das Osterlamm angeschnitten und die ersten Ostereier gegessen.
Ein lustiger Osterbrauch – das Eierköpfen
Das unterliegt aber einem Ritual, denn am meisten Spaß haben wir heute noch beim Ostereierköpfen: Jeder sucht aus seinem Korb das Ei, welches wohl die meisten Chancen auf einen Sieg hat. Ein Sieger-Ei verfügt über eine möglichst ausgeprägte Spitze. Nun werden die Eier von der Faust umschlossen, bis nur die Spitze herausschaut. Und dann wird ausgeholt und Spitze schlägt auf Spitze. Ein Ei bekommt auf jeden Fall Risse in der Schale, und die noch unversehrte Seite wird gegen die andere noch heile Seite des Gegners geklopft. Auf jeden Fall hat derjenige gewonnen, dessen Ei noch ganz geblieben ist. Pech nur, dass man nun kein Ei essen kann, da heißt es einen neuen Gegner suchen! Denn das Sieger-Ei darf man natürlich nicht essen.
Hier unser Rezept für zwei Osterlämmer:
4 Eier getrennt, 200 g echter Vanille- Zucker, 4 EL Allgäuer Kuhmilch-Sahnelikör, 150 g Mehl aus dem Allgäu – z.B. das Biebele-Mehl aus Oberstaufen, Puderzucker zum Bestäuben. Aus den angegebenen Zutaten einen Biskuitteig herstellen und in einer gut gefetteten Osterlamm-Form backen. Nach dem Erkalten dick mit Puderzucker bestäuben und zuletzt mit der Fahne versehen. Tipp: Eier vom Hühnermobil, Mehl aus Allgäuer Mühlen – Dinkelmehl funktioniert auch, denn Dinkel ist das alte „Schwabenkorn“, denn es wächst auch bei kühlerer Witterung.