Winter in Oberstdorf – zwischen Idylle und Spitzensport
Ab der Mautschranke sind es nur und 5 Kilometer. Das letzte Abendlicht verabschiedet sich. Nur noch ein rosa Streifen erhellt den Himmel im Westen. Dann wird es dunkel. Keine Straßenlaternen, keine hell erleuchteten Häuser. Nur aus wenigen Fenstern des Berggasthofes dringt Licht nach außen. Der Schnee knirscht unter den Füßen. Über uns funkeln die Sterne. Es ist beinahe wie in einem Weihnachtswintermärchen. Wir sind in Rohrmoos. 500 Jahre Geschichte inmitten des Naturschutzgebietes. Der Oberstdorfer Weiler besteht nur aus zwei bewirtschafteten Ställen, ein paar Forsthäusern, dem Berggasthaus und der St. Anna Kapelle, der ältesten Holzkapelle Süddeutschlands.
Hier oben lebt es sich als ob die Zeit stehengeblieben wäre: Es gibt keinen Handy- oder Internet-Empfang. Das Märchen setzt sich im Berggasthof Rohrmoos fort: In der holzvertäfelten Stube, in den bald schon musealen Zimmern. Die Holzdielen knarzen. Die Türen sind niedrig, nur gebückt betritt man die Zimmer. Und überall ist es wohlig warm.
Knarzende Holzdielen erzählen Geschichte – draußen steht die Welt still
Wir sind noch keine Stunde vom Büroalltag weg, und doch fern von allem. Wir scheinen in einer anderen Welt zu sein. Und das heißt schon was: Ich selbst bin beispielsweise mit dem Freilichtmuseum Illerbeuren eng verbunden, kenne also genug alte Höfe und Häuser. Und dann kommt doch der Kontakt zur heutigen Welt: Der Koch ist an Corona erkrankt und so begnügen wir uns mit einer kleinen Karte. Immerhin gibt´s Rote Beete Carpaccio mit Ziegenkäse, Kässpatzen, Spinatknödel mit Waldpilzen. Der Berggasthof wird seit über 60 Jahren von Familie Friedrich betrieben und Mira weiß von vielen prominenten Gästen, welche die Einsamkeit hier oben schätzten. Und auch die Geselligkeit, denn das Haus ist klein und mit einer großen Familie hat man schon alle Zimmer belegt. Im Gang fällt eine Zeichnung auf. Sie stammt vom Illustrator Franz Josef Tripp (geboren 1915 in Essen, nach dem Krieg hat er sich in Tiefenbach niedergelassen und ist dort 1978 verstorben). Er hat nicht nur Räuber Hotzenplotz gezeichnet, sondern auch Jim Knopf, Das Kleine Gespenst und viele weitere. Schließlich trauen uns kaum über die knarzende Treppe und Holzdielen in den zweiten Stock zu gehen, da die anderen Gäste schon schlafen. Aber andererseits – hier fallen diese Laute, die doch so typisch sind für 500 Jahre alte Häuser, auch extrem auf, weil es so still ist.
Morgens: Aufwachen und hinausschauen. Die Pistenraupe präpariert die Loipen für klassische und freie Technik. Wir sind schon fast versucht, sofort dem Gerät zu folgen und die ersten zu sein. Aber wir belassen es bei unserem Plan, zunächst am Ifen skifahren und gegen Abend, mit dem restlichen Tageslicht, die Loipen des Nordic Zentrum in Oberstdorf zu nutzen. Auch, weil morgens noch kein Sonnenlicht ins Rohrmoostal fällt, der Ifen aber mit viel Sonne lockt.
Ifen – Skifahren mit Genuss
So schade es auch ist das Rohrmoostal zu verlassen, wo uns Stille und Ruhe umfangen hat: Unsere Tochter Anna, begeisterte Skifahrerin, mag den Winter. Sie fühlt sich wohl auf den Pisten. Noch mehr ihr Partner Tobias, der, wenn er nicht gerade Dienst in der Klinik hat, Skikurse gibt. Die 2G-Auflagen und Maskenpflicht in den Skigebieten sind gut zu erfüllen. Sowohl Gäste als auch Mitarbeitende haben Routine entwickelt und es kommt zu keinen Wartezeiten wie noch zu Beginn des Skibetriebs. Wir genießen die unter der Woche freien Pisten und die ausgezeichnete Grüne-Hauben-Küche des Bergrestaurants Tafel&Zunder. Der Kaiserschmarrn, die Pizza aus dem eigenen Holzbackofen und der Zwiebelrostbraten schmecken in der Sonne hoch oben über dem Tal ausgezeichnet.
Nordic Zentrum Oberstdorf – neben Profis sporteln
Oberstdorf zehrt: Es geht im Prinzip immer bergauf und die Kälte setzt nicht nur uns zu, sondern auch der Batterie unseres E-Autos. Und so nutzen wir die Lademöglichkeit am Parkplatz in Oberstdorf – und die Zeit, um auf den Loipen des Nordic Zentrums zu fahren. Wir halten uns brav am Rand – wir wollen schließlich für die Profis, die an uns vorbeiziehen, kein Hindernis sein. Das Nordic Zentrum ist eine der modernsten Wintersport-Arenen der Welt. Letztes Jahr wurde hier die Nordische Ski WM ausgetragen, heute dürfen alle Sportler und Sportlerinnen die Loipen befahren.
Blaue Stunde über dem Schrattenberg
Schon schön anzusehen, wenn abends der leichte Nebel kommt und wieder geht und die blaue Stunde in Oberstdorf ganz eigen ausfällt: Über dem Boden ziehen leichte Nebelfelder und der Mond ist in der klaren Luft von einer Korona umgeben. Oder wie man auch sagt, der Mond hat einen Hof.
Oberstdorf: Sport im Einklang mit der Natur
Den Oberstdorfern gelingt die Balance zwischen Natur, der Kulturgeschichte und ein Spitzenangebot im Sport vorzuhalten: In Rohrmoos, mitten im Naturschutzgebiet gelegen, ist die Zeit stehen geblieben. Am Ifen – das Skigebiet gehört zu den Oberstdorf-Kleinwalsertal-Bergbahnen – führt eine moderne und komfortable Bahn ins Skigebiet. Und rund um Oberstdorf hält die Gemeinde ein Nordic Zentrum für Wintersportler vor, welches zu den besten der Welt zählt: Schon beim Umbau wurde konsequent nachhaltig gedacht, wie der Oberstdorfer Johannes Rydzek, Nordische Kombinierer und mehrfacher Olympiasieger, weiß. Nicht nur der Aspekt, dass alle Sportler und Sportlerinnen hier trainieren können wurde bedacht, sondern auch ökologische Belange.