Rosa-orange leuchtet der Himmel und der Schnee glitzert. Es wird ein sonniger Wintertag werden. Ich sitze im Bus nach Lechbruck und kann es kaum erwarten, die Winterwanderung zu starten. Gestern Abend habe ich mir die Winterkarte vom Ostallgäu angeschaut und mir aus den vielen Möglichkeiten eine Winterwanderroute von Lechbruck am See nach Roßhaupten ausgesucht. Diese knapp 12 Kilometer lange Route zeigt genau das, was das Winterwandern im Alpenvorland vom Ostallgäu so schön macht: Gemütlich wandert man auf gespurten Wegen mit Blick auf die majestätischen Alpen.
Mystischer Morgen in Lechbruck
Als ich aus dem Bus aussteige, kann ich keine zwanzig Meter weit sehen: Lechbruck ist noch in dichten Morgennebel gehüllt. Ich weiß, dass der Obere Lechsee ein großer See ist, sonst könnte er genauso gut ein kleiner Fluss sein – so wenig sehe ich. Entlang des Lechs gehe ich in südlicher Richtung. Und dann lichtet sich plötzlich der Nebel langsam. Nebelschleier schlängeln sich mystisch über das Wasser. Ich sehe, wie die Sonne hinter den Kiefern auf der anderen Seite des Wassers hart darum kämpft, durch die Wolken zu brechen. Eine Gruppe von Enten schwimmt in V-Form und versieht die glatte Wasseroberfläche mit kleinen Wellen. Es ist atemberaubend schön.
Entspanntes Winterwandern mit Bergpanorama im Ostallgäu
Die Kälte kribbelt mir in den Fingern: ein Zeichen zum Weitergehen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, von Lechbruck nach Roßhaupten über präparierte Winterwanderwege zu gelangen. Ich entscheide mich für die nördlichste Route. Dieser folgt dem Rad- und Wanderweg, wo sich bis 1973 die Bahnverbindung zwischen Lechbruck und Marktoberdorf befand. Die Route führt zunächst ein ganzes Stück durch den Wald. „Kennst du diese Kälte, bei der dir die Nasenhaare gefrieren?“, fragte eine Freundin neulich, als wir zusammen wandern waren. Ich hatte darüber gelacht; ich konnte es mir nicht vorstellen. Aber jetzt weiß ich genau, was sie meinte. Es ist ein frischer, klarer Morgen, zehn Grad unter Null und ja… meine Nasenhaare fühlen sich tatsächlich gefroren an, wenn ich ein- und ausatme.
Zum Glück lässt sich ab und zu die Sonne zwischen den Kiefernzweigen blicken, und nach ein paar Kilometern bin ich im vollen Sonnenschein unterwegs. In der Ferne erhebt sich das imposante Ammergebirge hinter den sanften Hügeln des Alpenvorlandes. Ich habe die Berge fast während der ganzen Winterwanderung im Blick. Das ist das Schöne am Winterwandern im Alpenvorland vom Ostallgäu: Man geht entspannt – auf einem präparierten Winterwanderweg mit wenigen Höhenmetern – und hat immer wieder tolle Ausblicke auf die Berge.
Winteridylle am Schmutterweiher in Roßhaupten
Nach etwa 1,5 Stunden Wanderung erreiche ich die Abzweigung zum Schmutterweiher. Natürlich mache ich den kleinen Abstecher zu diesem See. Im letzten Sommer ist er zu einem meiner Lieblingsbadeseen geworden. „Man fühlt sich dort ein bisschen wie in Kanada“, sagten Freunde aus der Gegend, als ich das erste Mal mit ihnen hinfuhr. Das kam mir ein wenig übertrieben vor. Bis wir da waren. Puh, wie beeindruckt war ich, als wir uns dem See näherten und ich durch die Bäume das Wasser mit den Bergen dahinter sehen konnte. Deshalb kann ich es kaum erwarten, heute den Schmutterweiher im Winterkleid zu sehen. Und wieder übertrifft dies meine Erwartungen. Das Wasser ist gefroren und der Schnee bildet winzige weiße Kristalle auf der dunklen Eisoberfläche. Die Nadelbäume rund um den See sind mit einer dicken Schnee- und Eisschicht bedeckt. Und hinter den Bäumen bietet sich der vielleicht schönste Blick auf das Ammergebirge im gesamten Alpenvorland. Von links nach rechts werden die Berge immer höher und eindrucksvoller, bis der Säuling mit seinem schroffen Zwölf-Apostel-Grat die Bergkette abschließt. Ich kann nicht anders, als am Seeufer eine Pause mit dampfendem Tee einzulegen.
Auf der Römerroute zum Forggensee
Anschließend folge ich dem Winterwanderweg nach Engelmoosen. Dort führt die präparierte Route weiter zum Huttlerweiher und nach Roßhaupten. Es ist so schönes Wetter und ich genieße das Winterwandern im Ostallgäu so sehr, dass ich beschließe, noch einen kleinen Abstecher zum Forggensee zu machen. Hier laufe ich ein Stück auf der Via Augusta Claudia: eine alte römische Straße, die bereits 47 n. Chr. als Militärstraße gebaut wurde. Die Straße führt von Donauwörth nach Altino in Italien und ist insgesamt 600 Kilometer lang. Heute laufe ich nur ein paar Kilometer davon. Eine außergewöhnliche Vorstellung, dass hier vor Tausenden von Jahren römische Soldaten liefen und ritten. Allerdings hatten sie damals noch nicht den Blick auf den Forggensee, den Wanderer hier heutzutage haben: der riesige Stausee wurde erst Ende des 20. Jahrhunderts geschaffen. Jedes Jahr wird der Forggensee im Winter trockengelegt, damit er im Frühjahr die großen Schmelzwassermengen aus den Bergen auffangen kann. Das normalerweise im Winter schlammige, breite Ufer ist heute unter einer weißen Schicht verborgen.
Die letzten Kilometer durch den Schnee nach Roßhaupten
Ich gehe ein Stück am See entlang und schaue mir die moderne Kunst im Via Claudia Augusta Art Park an. Dann laufe ich den letzten Kilometer bis ins Zentrum von Roßhaupten. An der Bushaltestelle in der Füssener Straße hüpfe ich von einem Bein auf das andere. Inzwischen ist die Sonne hinter den Bergen verschwunden und die Temperatur scheint von Minute zu Minute zu sinken. Im Bus nach Hause sehe ich noch, wie die Berggipfel im letzten Sonnenlicht rot glühen.
Winterwandern im Ostallgäu: von Lechbruck nach Roßhaupten
- Startpunkt: Bushaltestelle Rottachmühlstraße in Lechbruck
- Endpunkt: Bushaltestelle Füssener Straße in Roßhaupten
- Länge: 11,7 km
- Höhenmeter: ↗120 m ↘ 20 m
- Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Lechbruck ist z.B. mit der Buslinie 72 von Füssen aus zu erreichen und die gleiche Buslinie bringt dich von Roßhaupten nach Füssen zurück. Beachte, dass im Winter weniger Busse verkehren als im Sommer, einige müssen 60 Minuten im Voraus gebucht werden. Du kannst die Busfahrt einfach mit Mona oder der App der Deutschen Bahn planen.
- Hinweis: Diese Winterwanderung im Ostallgäu ist nicht ausgeschildert. Den Verlauf der präparierten Winterwanderwege findet man auf der Winterkarte des Ostallgäus. Diese Winterkarte ist auf der Website des Ostallgäus (Nummer 9) kostenlos zu bestellen.