Allgäuer Alpenblog

Advent im Allgäu: Genuss und Geschichte vereint.

Weihnachtsmarkt Leutkirch, Gotisches Haus

Advent 2023 – unglaublich viel Schnee verwandelt die Landschaft. Weiche Formen entstehen, Geräusche werden gedämpft, Stille stellt sich ein.

Kleine, meist von Vereinen gestemmte Weihnachtsmärkte leben Tradition: Advent im Allgäu vereint Genuss und Geschichte.  Handwerkskunst wird wertgeschätzt, Genuss wird zelebriert und  findet an Weihnachten seinen Höhepunkt. So sagen es zumindest die Goldschmieden in Kaufbeuren.

Beim Goldschmied in Kaufbeuren: Mit Geduld und Feingefühl den eigenen Anhänger fertigen

Rund 30 Schmuck-Manufakturen finden sich in der Stadt, die heute noch Schneekugeln, Weihnachts- und Modeschmuck herstellen und auf dem Weihnachtsmarkt verkaufen. Wir, sieben Redakteurinnen und ein Redakteur, dürfen mit Goldschmiedin Lina und ihrem Mann Benjamin in ihrer Werkstatt unseren eigenen Schmuckanhänger aus Silber und (Halb-) Edelstein fertigen. Wir erfahren, wie viel Feinarbeit nötig ist, um einen Anhänger einzupassen. Danach schlendern wir über den Weihnachtsmarkt. Der Stand von Hans Walter ist für die einen Kitsch, für andere Kunst: Kleine Welten, ob Flamingos am Palmenstrand oder das Christkind im Schnee, sind in Schneekugeln untergebracht. Walter&Prediger ist eine von zwei Firmen in Deutschland, die noch Schneekugeln herstellen.

Beim ältesten Jesukind der Welt im Mindelheimer Krippenmuseum

Mindelheim darf zurecht Stolz sein auf die weihnachtliche Tradition des Krippenbaus, die von hier aus Verbreitung fand und im Krippenmuseum dokumentiert wird. Mittelpunkt des neu konzipierten Museums ist eine nur acht Zentimeter große Figur von unschätzbarem Wert. Museumsleiterin Friederike Haber erzählt uns, unter welchen Umständen das Jesukind nach knapp 800 Jahren den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat. Jahrhundertelang war es die personifizierte Puppe für Generationen von Klosterschwestern. Und wie die Jesuiten von Mindelheim aus im Jahr 1618 die Gegenreformation starteten: Sie stellten über ein Meter große Figuren in ihrer Klosterkirche auf und erzählen bis heute mit diesen Figuren das christliche Weihnachtsgeschehen nach. Das war der Beginn von Weihnachtskrippen nördlich der Alpen.

Geistlose und zwecklose Ceremonie – das Krippenverbot von 1804

Von Mindelheim aus verbreiteten sie sich, bis übrigens 1804 die katholische Kirche diese „geistlose und zwecklose Ceremonie“ verbot und Krippen aus Kirchen entfernt wurden.

Mindelheim hat Christoph von Schmid (1791 – 1795 Pfarrvikar von Nassenbeuren / Mindelheim) zum Weihnachtslied „Ihr Kinderlein kommet“ inspiriert. Advent im Allgäu wird hier gelebt. Weil heute viele Menschen mit den Figuren nicht mehr vertraut sind, werden sie eigens vorgestellt. Kinder dürfen mit ihnen spielen und  Checker Can erklärt  den größeren, was es mit Weihnachten auf sich hat.  Das ist heute notwendig, denn nur noch 50 % der Deutschen sind Christen.

Genuss: „Bier ist bekömmlich“ – nein, hat der BGH entschieden. Unschlagbar: Die Energieeffizienz der Brauerei Härle.

2018 schaffte es Gottfried Härle in alle Medien: Von der FAZ bis zur Bild, vom ZDF bis n.tv. Welches Bier damit gemeint ist, erfahren wir bei der Brauereiführung durch Gottfried Härle, dem Urenkel des Gründers Clemens Härle, persönlich. Seine Brauerei ist schon seit 2009 klimaneutral, danke PV und Holzhackschnitzel der Leutkircher Landwirte. „Es sind ja auch die heimischen Waldbauern, die unser Härle-Bier trinken, und nicht die Ölscheichs in Saudi-Arabien“, sagt Gottfried Härle.  Die Brauerei setzt schon seit 1991 konsequent auf regionale und ökologische Erzeugung und ist mehrfach national und international ausgezeichnet worden. Überraschend: Die Brauerei Härle gehört zu den „Besten Unternehmen für Frauen“. Esther Straub (links) führt zusammen mit Gottfried Härle die Brauerei. Seit 2022 ist sie Mitglied im Mittelstandsbeirat der Bundesregierung. Mona Sommer (rechts) ist bayerische Bierkönigin:  Sie setzte sich gegenüber 700 Bewerberinnen durch und mit ihr ist zum ersten Mal eine Brauerin auch Bierkönigin geworden.

Tipp: Unser Allgäu Podcast mit Mona Sommer und Christian Skrodzki

Genossen genießen gemeinsam Genuss!

Mit dieser einprägsamen Alliteration stellt Christian Skrodzki, der Macher der Allgäuer Genussmanufaktur in Urlau, diese vor. R konnte dies genossenschaftliche Projekt zügig umsetzen, weil er zuvor den verfallenen Leutkircher Bahnhof  sehr erfolgreich als Bürgerbahnhof wieder zu neuem Leben zu erweckte. Das nächste Projekt war der Dorfgasthof Hirsch in Urlau. 27 Jahre lang stand er leer. Heute ist er ein kulinarisches Zentrum, vor allem aber ein Unikat, in welches man gerne wieder kommt. Ich habe schon viele Gäste hierher geführt – und kaum ein anderer Gasthof versetzt sie in so gute Laune, wie der Hirsch.  Ob es am guten Essen, der liebevollen Einrichtung oder der freundlichen Bewirtung liegt? Viel schnörkelloser Charme  kennzeichnet auch die Hotelzimmer im Hirsch.

Da die Kapazitäten längst schon nicht mehr reichen, hat Christian Skrodzki am Dorfrand das erste Vollholz-Hotel Württembergs gebaut. Im Allgäuer Genusshotel duften die Zimmer nach Holz, hier lässt es sich wunderbar schlafen. Zum Frühstück und Abendessen geht´s in den über den Garten erreichbaren Hirsch. Das Herzstück in Urlau ist jedoch die Allgäuer Genussmanufaktur . 800 Bürger und Bürgerinnen haben sich zur Genossenschaft zusammengetan. Heute ist die ehemalige Brauerei mit 12 Handwerkern, einer Bibliothek und Café mit Leben erfüllt.

Foto: Christian Skrodzki erzählt in der Bibliothek von seinen Projekten.
Weiches für die Seele: Vom Schäferhof Fink und der Seidenweberin Stefani Jakobi

Nichts passt besser in die Genussmanufaktur als die Schäfereigenossenschaft Finkhof: Sie verarbeiten u.a.  Felle und Wolle ihrer Allgäuer Schafe. Wir alle können nicht widerstehen und decken uns mit Mütze, Handschuhen, Wolle, Hausschuhen oder mit Schafswurst ein.  Der Seidenweberin Stefanie Jacobi schauen wir lange zu: Sie sitzt an ihrem Webstuhl, erzählt, lacht und nebenher entsteht langsam in feiner Seidenschal. Für uns steht fest: Ein Unikat muss demnächst her, es ist das ideale Weihnachtsgeschenk!

Zum Abschluss spazieren wir über den Leutkircher Weihnachtsmarkt. Der Weihnachtsweg führt uns durch festlich beleuchtete Gassen und in Hinterhöfe. So beleuchtet, wirkt das Gotische Haus richtig heimelig.

Gasthof zum Hirsch in Leutkirch, Restaurant und Hotel im Allgäu. Allgäuer Genusshotel: modernes Wohlfühlen und herzlich Willkommen sein.

 

 

P.S.: Christian hat schon ein neues Projekt,  Heimat Bärenweiler: ein ganzes Dorf gehört ihm und auch dieses füllt er nach und nach mit neuem Leben.

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