Diese zwei Schönheiten dürfen in unserer Serie über Berufe im Tourismus auf keinen Fall fehlen. Das Allgäuer Braunvieh hat eine enorm wichtige Aufgabe für die Region.
Es ist wahrscheinlich das meistfotografierte Fotomodel der Welt, denn mit seinen großen Augen, den langen Wimpern und seinem samtig-glänzenden Fell hat es schon viele Urlauber verzaubert: Das Allgäuer Braunvieh. Kaum im Urlaubsort angekommen, wird schon das Handy gezückt und ein Porträt nach Hause geschickt. Es ist definitiv ein Sympathieträger und ein Markenbotschafter für das Allgäu. Doch die Kühe schauen nicht nur gut aus, sie haben noch einen ganz anderen Job. Hinter ihrer schönen Fassade sorgen sie dafür, dass die typische Allgäuer Landschaft gepflegt wird. Ohne ihr stundenlanges Grasen wäre sie schon längst verbuscht und vorwiegend bewaldet. So sorgt das Allgäuer Braunvieh für artenreiche Wiesen und hält die Ausblicke auch in den Berglagen frei. Viele dieser offenen Grünlandflächen sind überhaupt erst durch die Weideviehhaltung entstanden. Die Kühe machen also einen heldenhaften Job und mit ihnen die Landwirte, die ihre Tiere auf die Weiden treiben und die Alphirten, die sich im Sommer um das Jungvieh auf den Bergen kümmern.
Dazu braucht es schon eine gehörige Portion Idealismus, denn oft nehmen die Alphirten dazu Urlaub und Überstunden von ihrem eigentlichen Job so wie Markus Zweng aus Nesselwang. Der Montagearbeiter wird in diesem Jahr das dritte Mal die Schumpen der Bauern auf der Alpspitze hüten. Bis zu 25 Kilometer läuft er am Tag, um nach den 120 Tieren zu schauen. „Eine Diät brauche ich auf jeden Fall nicht“, meint er und lacht. „Die Tradition ist bei uns in der Familie weitervererbt worden. Mein Opa hat das schon gemacht. Wenn keiner mehr die Jungtiere in den Bergen hütet, wird irgendwann alles komplett mit Gestrüpp und Wäldern bedeckt sein. Man kann sich zwar noch hinhocken, aber Aussicht gibt’s keine mehr und dann ist unsere Kulturlandschaft schneller weg als man meint.“ Für ihn sind die Rinder die besten Landschaftspfleger, die es gibt. „Wenn wir das alles mähen und abholzen müssten, da würden wir hier nicht mehr fertig werden.“ Natürliche Grünflächen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen auf der Welt. Verschwinden diese, nimmt auch die Pflanzen- und Tiervielfalt massiv ab. So brauchen Adler, Bussarde und Milane offene Landschaften, damit sie ihre Beute erspähen können, Auerhähne dagegen den Wechsel aus Offenlandschaft und Bergwald. Der seltene Apollofalter findet gerade durch das Abgrasen der Weiden gute Bedingungen, ebenso können sich gebietsfremde Arten wie das Indische Springkraut dadurch nicht ausbreiten und heimische Arten verdrängen. Weideflächen schützen zudem durch die Versickerung von Regen vor Hochwasser, in den Bergen vor Erosion und Lawinen. Markus Zweng leistet mit seiner Arbeit seinen Beitrag, dass diese wertvolle Landschaft erhalten bleibt – und genießt auch selbst die Alpzeit auf dem Berg. „Hier oben schlägt ein anderer Takt. Ich brauche hier nichts, keinen Fernseher, kein Radio. Die Kuhschellen sind meine Musik“, sagt er. Nach ein paar Wochen erkennt er sie nicht nur am Gesicht, sondern auch am Klang und findet sie bei Nebel und Regen wieder. So ist das Allgäuer Braunvieh nicht nur Fotomodel und Landschaftspfleger, sondern sorgt als Musiker auch noch für den typischen Allgäuer Klang auf dem Berg und im Tal
Zur Serie Berufe im Tourismus: Immer Urlaub? Natürlich haben das die Menschen nicht, die im Tourismus arbeiten. Aber sie sorgen dafür, dass sich Allgäuer Urlaubsgäste wohl fühlen, etwas erleben und unternehmen können. Sie sind also so nah dran am Urlaub wie keiner sonst. Ob als Hotelchefin, Koch oder Masseurin – die Unterkunftsbetriebe und Tourist-Informationen sind ein wichtiger Arbeitgeber. Aber auch viele andere Betriebe und Mitarbeiter arbeiten indirekt für den Tourismus, ob als Handwerker, Einzelhändler oder Hersteller regionaler Produkte. Als Journalistin habe ich mir einen Erlebnisraum des Allgäus, den Schlosspark, mal genauer angesehen und fünf Menschen aus der Region porträtiert, die ganz unterschiedliche Berührungen mit dem Tourismus haben und daraus eine kleine Serie gemacht. Übrigens verdienen im Schlosspark, der deckungsgleich mit dem Landkreis Ostallgäu ist, über 12.640 Menschen ihren Lebensunterhalt durch die touristische Nachfrage.
Bildnachweis: Kühe: Markt Nesselwang; Hirte: Tourismusverband Ostallgäu/Peter von Felbert