9.

Okt

Helfende Hände: Das Allgäuer HEIMATwerk

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Traditionen, Brauchtum und Inklusion – dafür steht das Allgäuer HEIMATwerk, ein ehrenamtliches Projekt in Füssen und ein weiteres tolles Beispiel der Serie „Helfende Hände“, wie viel Menschen im Ostallgäu mit ihrem Engagement in und für die Gemeinschaft bewirken.


Heute ist kein Wetter zum Draußensitzen. Sonst würde vor dem historischen Füssener Haus in der Drehergasse ein Mann auf der Bank eine Schachtel fertigen, so wie sie vor 100 Jahren aus Karton und Faden von Hand gemacht wurde. Das ist nämlich Richard Hartmanns Lieblingsbeschäftigung. In größeren Exemplaren können Hauben oder Trachtenhüte perfekt aufbewahrt werden. Doch warum macht der Eventmanager das? „Ich werde ganz wuschig, wenn ich mich nur mit Computerarbeit beschäftige und nicht wenigstens einen Tag in der Woche auf meine Schachteln konzentrieren kann. Das hat etwas Meditatives und es entstehen ganz tolle Gespräche mit Menschen aus ganz Deutschland, wenn sie sehen, dass ich ein längst vergangenes Handwerk pflege.“ Sein Ziel ist es, Werte zu bewahren und an die nächste Generation weiterzugeben. Deshalb gründete er 2020 die Kulturinitiative Allgäuer HEIMATwerk, ein ehemals vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördertes Projekt, das Kultur, Tradition und Brauchtum in Füssen und im südlichen Ostallgäu langfristig verankern soll.

Typische Allgäuer Gerichte kochen, Klosterarbeiten fertigen, steife Mieder nähen – über Kurse und Veranstaltungen wird altes Wissen zu Speisen, Kunsthandwerk, Sprache und Musik weitergegeben. Auch wie eine Hutschachtel gemacht wird, können Interessierte in der Kultur-Kreativ-Denkwerkstatt bei Richard Hartmann lernen. Er ist mehrgleisig unterwegs und es ist nicht so leicht zu fassen, was er schon alles mit seinem Engagement angeschoben hat. Auf jeden Fall profitiert jeder davon, der die Sehnsucht nach Heimat, Verbundenheit, Traditionen und Miteinander in seinem Herzen bewahrt hat – egal ob Einheimische oder Gäste, die natürlich auch in den Kursen willkommen sind. Unter dem Dach des Allgäuer HEIMATwerks laufen ganz unterschiedliche Projekte. So sorgte er dafür, dass das historische Füssener Osterspiel wiederbelebt wird. Aus dem Erfolg entstanden im Folgejahr die Füssener Festtage Alter Musik und ein gleichnamiger Trägerverein, um die historische Musiktradition der Stadt am Lech wieder zum Glänzen zu bringen. Auch ist er Vorstand der HeimatUnternehmen Allgäu e.V., in dem nachhaltig arbeiteten Betriebe ihre regionalen Produkte allgäuweit vertreiben und später auch in einem Ladengeschäft mit inklusiven Kultur-Café in Füssen anbieten werden. Es soll in Zusammenarbeit mit den Wertachtal-Werkstätten betrieben werden. Als generationsübergreifendes Projekt sollen sich Alt und Jung hier begegnen. Das Konzept dazu sowie für den Umbau eines denkmalgeschützten Hauses am Lech steht bereits. „In unserer Zeit geht das Miteinander verloren. Mit meinem Tun möchte ich die Liebenswürdigkeit der Region erhalten und ihr wieder Strahlkraft weit über die Grenzen hinaus verleihen.“Mit dem Allgäuer HEIMATwerk verwirklicht Richard Hartmann seinen Lebensabend. Jahrzehntelang als Eventmanager europaweit unterwegs, wurde ihm mit zunehmenden Alter bewusst, was ihn erfüllt: Mit Menschen zu sein und sie an ihre Heimat zu erinnern. So fuhr er die Arbeit in seiner Agentur zurück und widmet sich seitdem zwei Tage die Woche ganz seinem Herzensprojekt. „Das ist purer Idealismus. Das finanziere ich mit Geldern aus meinen Events. Ich mache nur noch, was ich will und hoffe, Gott schenkt mir ein langes Leben, damit ich noch viel bewirken kann.“

 

Bildnachweis: Füssen Tourismus und Marketing/Ingrid Yasha Rösner

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