Lust auf Musik (aller Art)
Offene Bühne in der Kleinen Theater-Werkstatt „mobilè“Jung und Alt, Amateur und Profi, Allgäuer, Tiroler oder Syrer: bei „Lust auf Musik“ steht das „mobilè“ in Marktoberdorf regelmäßig allen offen, die Publikum suchen und ihr Talent im Arrangement mit erfahrenen Musikern testen wollen. Am Valentinstag war es wieder so weit: schöner hätte das Wochenende gar nicht zu Ende gehen können. Mit Volkslied und Jazz, Blues und Rock’n’Roll, Beats und Drums. Was für ein Potpourri. Diese Jam-Session der Alpen-Kultur.
Stammpublikum mischte sich mit Neugierigen, die erstmals „Lust auf Musik“ hatten. Und bestimmt wiederkommen. Die „Hausband“ legte mit Volldampf los: an diesem Abend besetzt mit Ideengeber Harald Rüschenbaum, Leiter des Landes-Jugendjazzorchesters Bayern, am Schlagzeug, Maruan Sakas aus München am Piano und Jürgen Junggeburth aus Dießen am Ammersee mit dem Bass.
Dazu der Saxophonist Dieter Müller aus Isny oder der Trompeter Christian Eberhard (München). Und schon waren Amateure und Profis zu einer Einheit verschmolzen, rollten gleich mit viel Groove den roten Klangteppich für alle die aus, die nach ihnen mutig die Kulturwelt-Bühne stürmten. Und das waren nicht wenige. Und keine schlechten. „Lust auf Musik“ macht richtig Spaß, verschafft dem Nachwuchs Auftritte und ermöglicht Experimente.
Die eindringliche Sprache der Musik
Ich mag schon diese gespannte, flirrende Atmosphäre, wenn sich die Kleine Kunstbühne „mobilè“ allmählich füllt und noch nicht klar zu erkennen ist, wer als Akteur da ist und wer als Zuhörer. Was wird heute Abend wohl geboten? In welche musikalische Richtung geht es? Genaues weiß man eben noch nicht. Musik-Mischungen sind zu erwarten, Zufallsensembles ohne Scheuklappen, lustvolles Musizieren ohne Zwang und ein Konzert gänzlich ohne Grenzen.
Der Verein Kulturwelt Marktoberdorf e.V. macht seit drei Jahren mit seiner Veranstaltungsreihe „Lust auf Musik“. Er betreibt mit diesem intimen Festival nachhaltig Kulturförderung der unterhaltsamen Art. Am Valentins-Sonntag stand die Bühne der in ganz Bayern und bis weit ins benachbarte Tirol hinein bekannten Theater-Werkstatt „mobilè“ wieder sperrangelweit offen für Amateure und Profis, für Sänger und Instrumentalisten, für Musikanten aller Art.
Swingender Jazz und Titel wie „Beatrice“ oder „Emelie“ waren den Frauen gewidmet. Beim „Tanz der Delfine“ im Ozean glaubte man schier das Rauschen der Wellen, das Tosen der Brandung zu hören. Die eindringliche Sprache der Musik ist allgemein verständlich.
Mit Musik aus U-S-A ging‘s weiter: Rosa und Robert steuerten mit Gitarre, Scherrzither und Raffele „Heimatsound“ bei, Polka und Landler aus Unserem Schönen Allgäu. Ralf Strohwasser erweckte danach mit „Arthur McBride“, „The water is wide“ oder „Mary and the soldiere“ Erinnerungen an das alte Irland und verwandelte das „mobilè“ kurzfristig in ein Guinness triefendes, rauchiges irisches Pub; Zu zweihundert Jahre alten Folksongs begleitete er sich selbst auf der Akustik-Gitarre.
Die junge Liedermacherin Angelina Gepting aus Marktoberdorf meldete sich spontan und beeindruckte das überraschte Publikum – ruhig auf einem hohen Hocker sitzend – ganz im Stil einer Joan Baez mit ungewöhnlichen Eigenkompositionen, ungewöhnlicher Stimme und ungewöhnlichen Themen. Ihr Weg zu Gott („Du bist der Kompass“) gab dem Abend zusätzliche Farbe.
Harald Rüschenbaums „hoher Thron“
Experimentieren ermöglichen und Künstlern Auftritte verschaffen, ohne Zwang, und gänzlich ohne Grenzen zwischen Jazz und Klassik oder Volksmusik und Pop, das ist die Idee von „Lust auf Musik“. Ein Höhepunkt des Konzerts war der gemeinsame Auftritt syrischer Sänger mit deutschen Jazzern.
„Let see, what happens“, Harald Rüschenbaum war ganz in seinem Element. Er ist die Seele der Veranstaltung. Selten einen so durch und durch taktvollen Menschen erlebt.
Klasse, so nahe dran zu sein. Nur zwei Meter von den Drums weg, beginnt im Blauen Raum schon die erste Reihe. Kein Riesen-Saal. Die intim-kreative Atmosphäre einer Bar oder Kleinkunst-Bühne.
Des smarten Weltmusikers Harald Rüschenbaums hoher „Thron“, sein Percussion-„Spielzeug“, das sieht man selten so direkt. Und wie Maruan zärtlich die Tasten streichelt, kurz aufschaut, Augenkontakt mit Jürgen Junggeburth sucht, sein nächstes Solo vorbereitend. Es ist faszinierend, so direkt zu erleben, wie der Mann am Bass seine langen Finger förmlich verknotet, um Tonleitern konform zielsicher von Steg zu Steg und von Saite zu Saite zu klettern.
Mitklatschen, Mitschnippen. Mitwippen. Alle machten mit. Keiner blieb ungerührt hocken. Die Zuhörer ganz vorn bekamen sogar Rhythmus-Instrumente zum aktiv Mitrasseln. Mit leuchtenden Augen waren Jugendliche aus Afghanistan bei der Sache. Auf unterhaltsame Weise wurde so der integrative Faktor deutlich.
Ein zu Herzen gehendes Finale
Im „mobilè“ hatten Asylbewerber von Anfang an offene Türen vorgefunden. Leiterin Monika Schubert betreut eine multinationale Berufsschulklasse. Theater hilft enorm beim emotionalen Erfassen der deutschen Sprache. Und der Verein „Kulturwelt Marktoberdorf“ lädt regelmäßig Asylbewerber zu „Lust auf Musik“ ein. Sie kommen gerne – das war zu spüren – als Zuhörer und leidenschaftliche Akteure. Ihre Musik ist eine Bereicherung. Das war zu hören.
So brachten sich am Sonntagabend auch wieder die syrischen Brüder Alkurdi, professionelle, gefragte Künstler in ihrem verlorenen Heimatland, bei „Lust-auf-Musik“ ein. Es war das sich allmählich entwickelnde, zu Herzen gehende, großartige Finale des Abends, wie sie nach kurzer Absprache mit Drummer Harald Rüschenbaum und Maruan Sakas am Klavier spontan gemeinsam musizierten. Wie wenn sie nie etwas anderes gemacht hätten. Maruan Sakas hat palästinensische Wurzeln. So klein ist die Welt.
In drei Jahren hat sich „Lust auf Musik“ zum Selbstläufer entwickelt. Zu einer Werbung für die Kulturstadt Marktoberdorf. Stammgäste notieren sich immer gleich den nächsten Termin: 05. Juni 2016.
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Mehr Informationen zu „Lust auf Musik“ und andere Kultur-Highlights in Marktoberdorf gibt’s immer aktuell unter: www.kulturwelt-marktoberdorf.de