Sehnsucht nach weißer Weihnacht.
Immer noch gibt es sie, die Sehnsucht nach weißer Weihnacht. Mit ihr verbinden sich Bilder, die wirklich jeder im Kopf hat: Eine tief verschneite Landschaft, die Ruhe und Frieden ausstrahlt. Dazu die verschneite Waldweihnacht mit den zum Jeskukind strömenden Tieren. Das über dem Schnee schwebende Christkind, welches die Kinder zu Weihnachtszeit in den Städten besucht. Die Darstellung der Christmette, wenn die Dorfbewohner durch verschneite Täler zur hell erleuchteten Kirche vor imposanter Bergkulisse stapfen.
Generationen kennen ganz unbewusst seine Bilder
All diese Motive haben Generation geprägt und faszinieren heute noch gleichermaßen Enkel wie Großeltern. Zu verdanken haben wir all diese Bilder dem Memminger Maler Josef Madlener. Er verstarb in seiner Heimatstadt 1967 im Alter von 86 Jahren und fand im Allgäu kaum Beachtung. Dafür aber international: Seine Postkarten-Serien mit diesen winterlich-romantischen Weihnachtsgeschehen wurden überall auf der Welt gerne gekauft. Und verstärken bis heute die Sehnsucht nach weißer Weihnacht.
Meister der Allgäuer Weihnacht
Heute gilt Madlener als Meister der Allgäuer Weihnacht – hat er doch die Geschichte von Jesus, Josef und Maria in seine geliebte Heimat Allgäu verlegt: Maria stellt er als Bauersfrau mit geflochtenen Haaren dar, Josef ist eine Selbstdarstellung Madleners, die Heiligen Drei Könige reiten zu Pferde daher statt auf einem Kamel. Auch wenn man seinen Namen nicht kennt, seine Bilder vom Geschehen der Weihnacht kennt dank der Postkarten- und schließlich Adventskalender-Motive heute wohl jeder. Da alle Bilder Schnee zeigen, hat er sie erzeugt: Die Sehnsucht nach weißer Weihnacht.
Madlener Weihnachtswelt im historischen Antonierhaus
In der Adventszeit trifft man Josef Madlener im historischen Antonierhaus, unweit der historischer Stadtmitte in Memmingen. Außerhalb der Pandemie, zu normalen Zeiten, findet hier ein kunstvoller Weihnachtsmarkt statt. Vom belebten Markt sind es nur ein paar Meter an der imposanten Martinskirche vorbei zum Antonierhaus. Schon diese vierflügelige Anlage aus dem Mittelalter des gleichnamigen Ordens ist eine Besonderheit. Durch den Torbogen geht es hinein in den beleuchteten Innenhof. Dort sind Madleners Figuren in Lebensgröße auf Holz gezogen und als großes Ensemble rund um Stall und Krippe arrangiert. Engelchen blicken von oben aus den beleuchteten Fenstern herab – eine wunderschön friedvolle Atmosphäre.
Krippe als Ausschneidebogen
1946 und 1947 entwarf Madlener seine vielfigurige Krippe auf Ausschneidebögen. Noch heute sind diese Bögen bei Kindern sehr beliebt. Aber auch seine Weihnachtsmotive: Sie wurden als Postkarten gedruckt, weltweit verbreitet und sind jetzt ebenfalls im Antonierhaus erhältlich. Wer mehr von Madleners Werken sehen will, ist im Antoniersaal gut aufgehoben: Alljährlich sind bei „Madleners Weihnachtswelt“ rund 30 seiner Weihnachtsbilder ausgestellt. Die Sehnsucht nach weißer Weihnacht – hier wird er erfüllt.
Phantasievolle Bilder, das Weihnachtsgeschehen in Pink und Schafe über Schafe
Wer mehr von Madleners Werken sehen will, ist im Antoniersaal gut aufgehoben: Alljährlich sind bei „Madleners Weihnachtswelt“ rund 30 seiner Weihnachtsbilder ausgestellt. Der Wunsch nach weißer Weihnacht – hier wird er erfüllt. Normalerweise werden im Saal des Antonierhauses Punsch und Glühwein, Lebkuchen und Spekulatius gereicht. So hat man wirklich Zeit, sich auf die Darstellung des Weihnachtsgeschehens, vor allem aber auf die genauen Zeichnungen Madleners einzulassen. Ich kenne wirklich keine andere Ausstellung, die so stimmig ist. Besucher, die ich hierher bringe – meist meine Verwandten und Freunde, sind ebenso erstaunt wie hingerissen. Und das will was heißen bei lauter Naturwissenschaftlerinnen und Technikern um mich herum. Heuer aber gilt 2G+ und alle ist dementsprechend steril.
Die romantisch verschneite Weihnachtswelt im Allgäu
Eine Bildergalerie umsäumt den Saal. Das Motiv und die Farben ähneln sich: Verschneite Landschaften sind von einem sternenklaren Nachthimmel in magischem Blau überspannt. Der Stern über dem Stall leuchtet immer besonders hell und die ganze Schöpfung wird in das Weihnachtsgeschehen miteinbezogen. Vor allem Schafe zählen wohl zu Madleners Lieblingsmotiven. Sie hat er oft und gerne gemalt, in einer Detailgenauigkeit, die wohl einzigartig ist. Aus weiterer Entfernung wirken die Schafe fast dreidimensional. Man möchte ins Fell hineingreifen, so weich mutet es an. Bei näherem Hinsehen bemerkt man erst, dass das Fell aus lauter kleinen verschieden farbigen Strichen besteht. Mir kommt ein Bild bekannt vor. Ja, es ähnelt dem Bild am Portal des nahen Renaissanceschloss Kronburg. Madlener hat einst die Kronburg gemalt – mit Schafen im Vordergrund. Das Bild dort verweist auf die Burgenregion Allgäu, ein anderes Thema.
Göttliches Mysterium und Hilfe durch Handauflegen
Durch die Ausstellung führt auf Wunsch Kunsthistorikerin Andrea Himmelsbach. Sie erklärt uns, dass Josef Madlener damals entgegen dem Trend malte: Weihnachten, wie wir uns das in unseren Kinderträumen vorstellen. Der Wunsch nach weißer Weihnacht. Seine Kollegen und Kolleginnen der Kunstakademie München wandten sich der abstrakten Malerei zu. Seine Bilder, insgesamt umfasst sein Nachlass rund 1600 Gemälde, spiegeln seine Persönlichkeit wieder: Josef Madlener war sehr gläubig und fasziniert vom göttlichen Mysterium. Er wollte ins Jenseits eintauchen. Intensiv hat er sich mit verschiedensten Religionen, diversen Gottsuchern, okkulten Phänomenen und weißer Magie beschäftigt. In seinem Haus fanden spiritistische Sitzungen statt, er hatte Begegnungen mit Menschen über den Tod hinaus. Und Himmelsbach erzählt: „Bei einer Krankheit ist man erst mal zum Madlener gegangen. Durch Hand auflegen, Beten oder Pendeln konnte er den meisten helfen oder sie gar heilen“.
Madlener war seiner Zeit voraus: Vorläufer der New Romanticism
Mit Schattenbildern in Tusche und karikaturistischen Zeichnungen macht sich Madlener zunächst einen Namen. Doch je älter er wird, desto mehr kommt Farbe ins Spiel. Ab 1925 steigert er seine religiösen Themen ins Mystische. Landschaften und Berge werden fantastisch, Hirten zum Beispiel zu Berggeistern. Damals wie heute wurden seine Bilder als Kitsch abgetan. Meiner Tochter – Ärztin – sind die Bilder zu altbacken. Aber Madlener war ein begnadeter Zeichner und herausragender Maler. Heute finden seine Arbeiten große Aufmerksamkeit in der Kunstwelt. Madlener gilt als Vorläufer der Fantasie- und Traumwelten eines ,New Romanticism´ in der Kunst der Gegenwart. In seinem Spätwerk leuchten die Sterne am Weihnachtsbaum pink, lila, grün und orange. Der Glanz um das göttliche Kind überstrahlt in poppigem Orange und Pink am Ende fast das ganze Bildgeschehen“, schildert die Kunsthistorikerin voller Begeisterung.
Gandalf – eigentlich ein Memminger
Übrigens: Eben dieser mysthische Berggeist mit hohem, spitzen Hut, buschigen Augenbrauen, weißem Bart und langem roten Mantel diente dem berühmten Autor John R. R. Tolkien nachweislich als Vorlage für Gandalf aus „Herr der Ringe“. Josef Madlener – weltweit bekannt, in Memmingen zu Hause.
Infos:
Tipp: Alle Museen der Stadt Memmingen sind kostenlos zugänglich. So erhält man unkompliziert Wissen und interessante Geschichten zu Strigel, dem Hofporträtisten von Kaiser Maximilian und von der Geschichte des Antoniter-Ordens. Sie haben einst das Antonierfeuer geheilt.
Madleners große Weihnachtskrippe im Innenhof
Vom ersten Advent bis Hl. Dreikönig, immer Di – So, 11 – 20 Uhr
Geschlossen: Hl. Abend und erster Weihnachtsfeiertag sowie Silvester und Neujahr
Madleners Weihnachtsmotive im Antoniersaal
Vom ersten Advent bis Hl. Dreikönig, immer Di – So, 11 – 17 Uhr
Geschlossen: Hl. Abend und erster Weihnachtsfeiertag sowie Silvester und Neujahr Kinderführungen durch Madleners Weihnachtswelt mit Weihnachtsgeschichte mit Andrea Himmelsbach, Kunsthistorikerin sowie Malkurse
Termine werden normalerweise im November veröffentlicht – Im zweiten Jahr der Pandemie müssen diese leider ausfallen.
Tipp: Alle Museen der Stadt Memmingen sind kostenlos zugänglich. So erhält man unkompliziert Wissen und interessante Geschichten zu Strigel, dem Hofporträtisten von Kaiser Maximilian und von der Geschichte des Antoniter-Ordens. Sie haben einst das Antonierfeuer geheilt. Die MEWO-Kunsthalle birgt alle Schätze Madleners, Im Winter mit entsprechenden Malkursen und ganzjährig mit modernen Ausstellungen.