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Sep

Helfende Hände: Die Südsee-Sammlung in Obergünzburg

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In der Serie „Helfende Hände“ über ehrenamtliches Engagement im Ostallgäu geht es weiter nach Obergünzburg. Hier gibt es ein Weltabenteuer zu sehen – dank Ehrenamt. Für ein paar Stunden gehen Besucher in der Südsee-Sammlung auf Reisen – weit weg vom Allgäu. Doch das Abenteuer hat genau hier begonnen.

„Fragen Sie meine Frau: Ich habe nächtelang herumgekramt, um etwas über die vielen verschiedenen Kulturen in der Südsee zu erfahren. Das Museum bedeutet mir alles. Würde es schließen, wäre ich unendlich traurig“, erzählt Peter Hübner. Seiner Initiative haben die Obergünzburger das moderne Museum mit historischen Speeren, Masken, Muschelgeld, Skulputuren, Schmuck und anderen Kulturobjekten und Alltagsgegenständen aus der Südsee zu verdanken. Doch wie kamen diese ausgerechnet in den kleinen Ort im Ostallgäu? Das Stück Heimatgeschichte beginnt mit dem Traum eines Zehnjährigen aus Obergünzburg. Der kleine Karl Nauer beobachtete auf einer Schiffsbrücke über dem Bodensee einen Dampferkapitän und fasste den Entschluss, selbst einer zu werden.1903 wurde er von der Reederei „Norddeutsche Lloyd“ in die Pazifik-Kolonie Deutsch-Neuguinea beordert. Auf seinem kleinen Dampfer fuhr er auch Wissenschaftler zu den Inseln. Inspiriert von ihrer Arbeit, ging er selbst vom Schiff und erkundete Land und Leute. Er war fasziniert von den Kulturen Ozeaniens und fing an unzählige Gegenstände zu sammeln und nach Deutschland zu bringen. 1913 vermachte er seiner Heimatgemeinde mehr als 1500 Exponate mit der Auflage, diese auszustellen. Als er nach seinen vielen Abenteuern und den zwei Weltkriegen wieder ins Allgäu zurückkehrte, spazierte er stolz in Kapitänsuniform und weißen Handschuhen durch den Ort, wie sich manche Obergünzburger noch erinnerten.

„Diese Geschichte hat mich so begeistert. Ich komme aus Unterfranken und bin beruflich nach Obergünzburg gekommen. Als ich von der Sammlung hörte, wollte ich sie unbedingt sehen“, berichtet Peter Hübner. Doch alles lagerte eingewickelt in der Mädchenschule und sollte aus konservatorischen Gründen nicht ausgepackt werden. Peter Hübner vertraute blind darauf, dass die Sammlung etwas Besonderes sein musste, ging zum Bürgermeister, gründete zusammen mit 21 Mitstreiter einen Förderverein und animierte die Obergünzburger für ein Museum zu spenden. Ein regelrechter Bevölkerungsaufbruch sei das gewesen, erzählt er. Zusammen mit EU-Fördermitteln konnte das heutige Gebäude gebaut werden. Ohne ehrenamtliche Hilfe aber wäre das Museum trotzdem ein Traum geblieben. „Erst als es 2009 eröffnete, ist uns aufgefallen, dass wir gar nicht wissen, was wir den Leuten erzählen sollen. Da begann die Suche nach Informationen, eine Sisyhpusarbeit. Doch je mehr ich las, desto mehr war ich begeistert über die Kulturen Ozeaniens.“ Um das Museum weiterzuentwickeln, wurde 2017 die Kulturwissenschaftlerin Martina Kleinert engagiert und die ehrenamtliche Leitung in professionelle Hände übergeben. Mittlerweile ist die Sammlung ein wichtiger Baustein und Exot im Allgäuer Kulturangebot und die Obergünzburger sind stolz auf ihren Südsee-Schatz. Ein Traum ist Peter Hübner aber noch geblieben: „Ich würde so gerne in die Südsee reisen und auf den Spuren von Karl Nauer unterwegs sein.“

Bildnachweis: Südsee-Sammlung Obergünzburg; Ingrid Yasha Rösner

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